Ratgeber
Wie genau sollte ein Messgerät arbeiten? So genau wie möglich, werden Sie sagen. Bei digitalen Mehrfachmessgeräten – den Multimetern – verzichten allerdings noch immer viele bei der Messung auf die höchstmögliche Genauigkeit, weil das Gerät „True RMS“ nicht beherrscht.
Hier erklären wir Ihnen, was RMS bedeutet und warum es dabei auf das „True“ ankommt. Wir informieren Sie außerdem über die wichtigsten Features von True-RMS-Multimetern.
RMS ist die Abkürzung für „Root Mean Square“, was sich mit „quadratischer Mittelwert“ übersetzen ließe. Im Deutschen hat sich dafür allerdings der Begriff Effektivwert eingebürgert. Bei Wechselstrom (AC) ist dieser Effektivwert gleich dem Wert des Gleichstroms (DC), der bei einer ohmschen Last die gleiche mittlere Verlustleistung erzeugen würde.
Für die Messung eines Wechselstroms mit einem Multimeter wird das Signal oft in einen Gleichstrom mit Effektivwert umgewandelt. Einfache Messgeräte und Signalwandler führen diese Umwandlung durch, indem sie das Signal in einen gleichgerichteten Mittelwert filtern und einen Korrekturfaktor anwenden. Der Wert des angewandten Korrekturfaktors ist aber nur dann korrekt, wenn das Eingangssignal durchgängig und rein sinusförmig ist.
Der Unterschied zwischen einem RMS-Multimeter und einem mit True RMS:
Das True RMS liefert deshalb einen korrekteren Wert, weil er proportional zur Quadratwurzel des Mittelwerts des Kurvenquadrats erzeugt wurde und nicht nur zum Mittelwert des Absolutwerts. Für jede beliebige Wellenform ist das Verhältnis dieser beiden Mittelwerte zwar konstant. Da aber die meisten Messungen an sinusförmigen Wellen durchgeführt werden, geht der Korrekturfaktor einfacher Geräte von einer idealisierten Wellenform aus. Mit dem Ergebnis, dass jede Verzerrung oder jeder Versatz zu Fehlern führt.
Ein „wahrer“ RMS-Wandler dagegen berücksichtigt die Schwankungen und korrigiert sie über eine deutlich komplexere Schaltung.
Die weitaus meisten angebotenen Multimeter mit True-RMS-Messung lassen sich in zwei Bauarten unterteilen: In Hand-Multimeter und in Stromzangen. Erhältlich sind außerdem noch Tisch-Multimeter für den stationären Betrieb beispielsweise in der Werkstatt.
Hand-Multimeter
Unter den Hand-Multimetern sind nach wie vor einige Geräte mit analoger Anzeige verfügbar. Diese wirken zwar antiquiert und sind preislich dann auch im unteren zweistelligen Euro-Bereich angesiedelt, hinsichtlich des Funktionsumfangs können sie aber in vielen Fällen durchaus mit ihren Display-Verwandten mithalten. So bieten sie beispielsweise Gleich- und Wechselspannungsmessbereiche (DC und AC) bis zu 300 Volt, Gleichstrom lässt sich bis zu 250 Milliampere messen, Widerstände bis zu 2 Megaohm.
An die Werte eines digitalen True-RMS-Multimeters aus dem mittleren Preissegment kommen die vorgenannten Geräte mit Analoganzeige natürlich nicht heran. Zunächst einmal verfügen diese modernen Systeme über ein großes und damit gut ablesbares LC-Display, vielfach mit doppelter Digitalanzeige und nachleuchtendem Bargraph zur raschen Verfolgung von Signalveränderungen. Die Messbereiche liegen häufig auf sehr hohem Niveau, in der Regel bei maximal 1000 Volt Gleich- oder Wechselspannung. Gleich- und Wechselströme können bis zu 10 Ampere gemessen werden. Neben der obligatorischen Widerstandsmessung sind vielfach auch Messungen von Kapazitäten, Temperaturen und Frequenzen möglich.
Stromzangen
Während Digitalmultimeter für den Handbetrieb über Messleitungen verfügen, deren Prüfspitzen direkt mit den zu messenden Leitern in Berührung kommen müssen, arbeiten Stromzangen nach dem indirekten Prinzip.
Sie messen Ströme und Spannungen über das von den Leitern erzeugte Magnetfeld. Damit ist es möglich, elektrische Messungen an Kabeln vorzunehmen, ohne sie zunächst abisolieren zu müssen.
Nachteil von Stromzangen: Da lediglich das Magnetfeld der Leiter gemessen wird, müssen diese oft größere elektrische Leistungen übertragen. Bei High-end-Messgeräten betragen die Minimalwerte für Gleich- und Wechselspannungen 1 Millivolt, für Gleich- und Wechselstrom 10 Milliampere.
Stromzangen aus dem unteren und mittleren Preissegment sind dagegen erheblich unempfindlicher, sie benötigen teilweise wenigstens 600 Millivolt und 900 Milliampere.
Andere Ausstattungsmerkmale gleichen denen von Hand-Multimetern, zum Beispiel Widerstands-, Kapazitäts- und Frequenzmessungen.
Einsatzbereich
Für die Beschaffung eines Multimeters ist naturgemäß der geplante Einsatzbereich entscheidend. Handelt es sich lediglich um spontan anfallende Messungen im Niedrigstrombereich bis etwa 50 Volt AC und DC sowie ohne hohe Ansprüche an Genauigkeit und Komfort, kann ein Tester aus den unteren Preissegmenten durchaus genügen.
Für industrielle Anwendungen allerdings sollte ein Gerät gewählt werden, das professionellen Ansprüchen in jeder Beziehung genügt.
Kalibrierung
Unabhängig von den Messfunktionen gilt dies vor allem für die Kalibrierung. Die meisten der im Markt verfügbaren Multimeter werden mit einer Kalibrierung nach Werksstandard ausgeliefert.
In sicherheitsrelevanten Bereich könnte das allerdings nicht ausreichend sein, hier sind Geräte mit einer Kalibrierung nach ISO oder durch ein DAkkS-akkreditiertes Labor zu empfehlen.
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Mögliche zu verarbeitende Ströme
Da True-RMS-Multimeter ihre besondere Präzision im Wechselstrombereich zeigen, sollten die minimal und maximal zu verarbeitenden Ströme beachtet werden. Die Skala der Werte reicht von wenigen Millivolt beziehungsweise Mikroampere bis zu 1500 Volt und 20 Ampere bei Handgeräten. Stromzangen können sogar Stromstärken von bis zu 2500 Ampere messen.
Die Entscheidung ob Hand-Multimeter oder Stromzange muss übrigens nicht zwingend „entweder/oder“ lauten. Einige Hand-Messgeräte der Mittelklasse erlauben den Anschluss von Stromzangen-Adaptern oder sind bereits werksseitig mit einer Stromzange ausgerüstet.
Wieso können Stromzangen auch Gleichstrom messen?
Normalerweise erzeugt nur Wechselstrom ein pulsierendes und damit in konventionellen Stromzangen durch Induktion messbares Magnetfeld rund um den Leiter. Zur Messung von Gleichstrom nutzen so genannte Allstromgeräte meist einen Hall-Sensor, ein Halbleiterelement, das die magnetische Flussdichte zur Messung nutzt. Denn auch Gleichströme verursachen ein leichtes Magnetfeld. Allerdings ist zur Verstärkung des schwachen Feldes eine Verstärkerschaltung in der Stromzange notwendig.
Wie lassen sich auch relativ schwache Wechselströme mit einer Stromzange messen?
Ein einfacher Trick ist das Umwickeln eines Zangenteil mit mehreren Windungen des Kabels. Das Magnetfeld wird dadurch verstärkt.
Lassen sich auch mit einem Multimeter berührungslos Spannungen messen?
Viele Multimeter, selbst aus den unter Preiskategorien, bieten dieses Feature an. Es findet sich in Beschreibungen meist unter der Bezeichnung NCV für „Non-contact voltage detectors“. Detektiert werden allerdings nur Wechselströme.