Ratgeber
Vibrationen können sinnvoll oder sogar erfreulich sein, das Vibrieren eines Smartphones oder Schwingen einer Instrumentensaite zum Beispiel. Treten kontinuierliche Schwingungen allerdings ungewollt an Maschinen oder Anlagen auf, ist dies in der Regel ein schlechtes Zeichen. Es drohen schwerwiegende Schäden. Zur Erkennung und damit zur Schadensbegrenzung eignen sich Vibrationssensoren, häufig auch als Schwingungssensoren oder Beschleunigungssensoren bezeichnet.
Erfahren Sie hier, wie diese Geräte funktionieren und welche Typen und Bauformen es gibt.
Unter einer Vibration wird im Allgemeinen eine periodische Bewegung eines Objekts um eine bestimmte Ausgangsposition verstanden. Sie entsteht durch das Auftreten einer abwechselnden Kraft oder einer schwingenden Störung, die das Objekt hin und her oder auf und ab bewegt.
Vibrationen treten in verschiedenen Formen auf, überwiegend als mechanische, akustische oder elektrische Schwingungen. Charakteristika sind die Stärke der Schwingung um den Ausgangs- oder Nullpunkt – die Amplitude – und die Dauer einer einzelnen Schwingung, angegeben in der Frequenz. Vibrationen können mit geringen Amplituden bei hoher Frequenz oder mit hohen Amplituden bei niedriger Frequenz auftreten.
Problematisch sind unerwünschte periodische Schwingungen in technischen Systemen, zum Beispiel in Maschinen, Motoren oder Strukturen. Hier können sie auf Probleme oder Mängel hinweisen. Dazu gehören Unwucht, eine Lockerung von Teilen oder strukturelle Schwächen. Vibrationssensoren spielen daher eine wichtige Rolle bei der Überwachung und Diagnose solcher Systeme, um mögliche Schäden oder Fehlfunktionen frühzeitig zu erkennen.
Zu den allgemeinen Arten von Vibrationssensoren gehören Wegsensoren, Geschwindigkeitssensoren und Beschleunigungssensoren. Beschleunigungssensoren sind die beste Wahl für die meisten rotierenden Anlagen in der Industrie, da sie einfach und leicht anzuwenden sind und sehr empfindlich auf die hochfrequenten Schwingungen reagieren, die typischerweise bei einem Kraftfehler entstehen.
Industrielle Beschleunigungssensoren basieren in der Regel auf einer der zwei nachfolgenden Technologien.
Piezoelektrische Beschleunigungsaufnehmer und mikro-elektromechanische Sensorik
Piezoelektrischer Vibrationssensor
Ein piezoelektrischer Vibrationssensor erkennt den Effekt der mechanischen Belastung, die durch die hochfrequenten Schwingungen des Geräts verursacht wird. Er basiert auf bestimmten Materialien mit piezoelektrischem Effekt, in der Regel Quarzkristalle. Bei einer mechanischen Belastung wird im Piezo-Element eine positive oder negative elektrische Spannung erzeugt. Genutzt wird dieser Effekt zum Beispiel in Gasfeuerzeugen. Bei ihnen schlägt ein mit Federspannung beschleunigter Bolzen auf das Piezo-Element, die entstehende Spannung produziert Funken, die das Gas entzünden.
In einem piezoelektrischen Vibrationsaufnehmer ist das piezoelektrische Material zwischen einer unbelasteten Prüfmasse und dem Sensorrahmen eingebettet. Das Sensorelement wiederum ist an dem zu messenden Gerät befestigt, sodass die Vibration des Motors oder der Anlage das Sensorgehäuse bewegt. Die Trägheit der Prüfmasse belastet das piezoelektrische Material und erzeugt dabei eine Spannung, die der Vibrationssensor als Impulsstrom abgibt. Das Signal lässt sich als zeitliche Wellenform darstellen oder mit der Fast-Fourier-Transformation verarbeiten. Dieses kurz FFT genannte Verfahren zerlegt ein zeitdiskretes Signal in seine Frequenzanteile.
Piezoelektrische Vibrationssensoren arbeiten in einem großen Messbereich mit Frequenzen von bis zu 20 Kilohertz und Genauigkeiten in der Größenordnung von 1 Prozent. Das Sensorelement allein ist jedoch nicht ausreichend. Da es von Natur aus analoge Signale erzeugt, ist eine Elektronik zur Digitalisierung notwendig. Sie enthält als wesentlichen Bestandteil einen Analog-Digital-Wandler, der den Impulsstrom des Sensors in digitale Signale umwandelt. Typische Auswert-Module sind beispielsweise mit kostengünstigen Computing-Plattformen woe Raspberry Pi und Arduino realisierbar. Je nach Auslegung der Elektronik lässt sich bei zu starker Vibration per Relais-Schalter ein Alarm auslösen oder die Maschine sofort stoppen. Es ist aber auch möglich, über einen Datenlogger kontinuierlich die Vibrationswerte aufzeichnen zu lassen. Grundsätzlich ermöglicht die elektronische Verarbeitung der Daten eine Anpassung des Vibrations-Sensors für unterschiedliche Empfindlichkeiten und Frequenzbereiche.
Der piezoelektrische Effekt
Der Piezoelektrische Effekt beschreibt die Änderung einer Polarisation bei Einwirken einer Kraft auf einen Festkörper. Durch den mechanischen Druck entsteht proportional zur einwirkenden Kraft ein Dipol aus Ladungsträgern. Eine Verschiebung des Kristallgitters beeinflusst die Ausrichtung der positiv und negativ geladenen Ionen, was eine elektrische Spannung erzeugt.
Mikro-elektromechanische Vibrationssensoren (MEMS)
MEMS-basierte Schwingungssensoren entstehen in der Regel lithografisch. Das macht eine Integration des Sensor-Elements mit der unterstützenden Elektronik auf Chipebene möglich. Diese Vorteile führen zu kompakten, robusten und wirtschaftlichen Schwingungsüberwachungssystemen.
Die grundlegende Architektur besteht aus einer oder mehreren mikromechanischen Strukturen, die am Gehäuse befestigt sind, und separaten Strukturen an einer frei beweglichen seismischen Prüfmasse. Vibriert der zu überwachende Motor oder das Gerät, bewegt die Prüfmasse die angebrachten Strukturen, so dass sie mit den festen Elementen interagieren.
Zu den gängigen Auslesetechnologien gehören induktive, kapazitive und piezoresistive Sensoren:
Induktive Erfassung
Ein solcher Schwingungssensor besteht aus einem Magneten, der von einer federgelagerten Spule mit massivem Kern umgeben ist. Im Ruhezustand besitzt dieses System eine definierte Induktivität. Durch die Bewegung der Spule infolge von Vibrationen ändert sich die Stärke des Magnetfelds proportional zur Schwingung, was sich messen und auswerten lässt. Auch hier erfolgt die Verarbeitung der Signale im Allgemeinen durch einen Analog-Digital-Wandler.
Kapazitive Erfassung
Bei einem kapazitiven MEMS-Vibrationssensor bestehen die festen Komponenten aus schmalen Metallstreifen, die mit entsprechenden, an der Prüfmasse befestigten Streifen berührungslos verschachtelt sind. Es handelt sich somit um einen Kondensator. Wenn sich die Prüfmasse bewegt, ändert sich der Abstand zwischen den beiden Streifen und damit die Kapazität des Sensors. Das Ausmaß der Bewegung ist proportional zur Schwingungskraft, wodurch die nachgeschaltete Elektronik anhand der Kapazitätsänderung nicht nur die Schwingungsfrequenz, sondern auch die Größe der Schwingung berechnen kann.
Piezoresistive Erfassung
Ein piezoresistiver MEMS-Schwingungssensor verwendet den gleichen Ansatz wie die piezoelektrische Version. Der Unterschied besteht darin, dass das Gerät ein piezoresistives Material wie Silizium, enthält dessen Widerstand sich durch mechanische Belastung ändert. Der mechanische Aufbau des Sensors ist ähnlich wie bei der piezoelektrischen Version.
Druckbetrieb
1. Feder | 2. Elektroden | 3. Isolierung | 4. Quarz |
5. Grundplatte
Ein durch die Schraube vorgespanntes Paket aus seismischer Masse und dem Sensor ist auf der Grundplatte fixiert. Eine Beschleunigung bewirkt die Erhöhung oder Verringerung der Kraft, die durch die Masse auf den Kristall ausgeübt wird. Proportional dazu entsteht eine elektrische Ladung. Die Verbindung bietet eine hohe Steifigkeit und ist gut geeignet bei einer Frequenz mit hoher Amplitude.
Biegebetrieb
1. Elektroden | 2. Quarz | 3. Überlastanschlag | 4. Isolierung | 5. Seismische Masse | 6. Stützpunkt
Die seismische Masse ist mit dem Sensor verbunden und sitzt im Biegebetrieb balkenförmig auf einem mittigen Stützlager. Der Aufbau ist kompakt und durch die geringe Auflage und darüber hinaus thermisch stabil. Er eignet sich als Sensor für Vibrationen mit niedrigen Frequenzen.
Scherbetrieb
1. Seismische Masse | 2. Piezo-Kristall | 3. Vorlastring | 4. Vorlastschraube |
5. rechteckige Säule | 6. Grundplatte
Im Scherbetrieb sitzt ist der Sensor zusammen mit der seismischen Masse planar auf den Flächen einer rechteckigen Säule. Eine Grundplatte dient als Basis für die Säule. Eine Vorlastschraube oder ein Vorlastring sorgen für die Vorspannung. Diese Bauform ist sehr robust bei thermischer Beanspruchung und Biegung.
Azimut-Scherbetrieb
1. Seismische Masse | 2. Quarz | 3. Grundplatte | 4. Elektrode |
5. Isolierung | 6. Vorlastring
Der Sensor ist hier in vier Quadranten unterteilt und um eine Rundsäule angebracht. Eine Lage darüber befindet sich die seismische Masse, zusammengespannt mit einem Vorlastring. Die robuste Bauform ermöglicht eine Messung konzentrisch über zwei Achsen mit vier Quadranten.