Ratgeber
Betriebssysteme für Entwicklungskits
Ein Betriebssystem für ein Entwicklungskit sollte Sie bei Projekten bestmöglich unterstützen und zum jeweiligen Einsatzzweck passen. In unserem Ratgeber stellen wir Ihnen ausgewählte Betriebssysteme vor, die sich für Entwicklungskits eignen und spezielle Tools zum Programmieren und Testen von Software mitbringen. Außerdem erfahren Sie, worauf Sie bei der Auswahl eines Betriebssystems achten sollten.
Ausgewählte Betriebssysteme für Entwicklungskits im Überblick
Betriebssysteme sind ein wesentlicher Bestandteil, wenn es darum geht, mithilfe von Entwicklungskits eigene Anwendungen zu programmieren. Sie bieten Zugriff auf software-seitige Entwicklungstools und werden sowohl für den Einstieg als auch für professionelle Entwicklerinnen und Entwickler angeboten. Die Auswahl an kostenfreien Systemen für Kits ist groß. Wir stellen Ihnen ausgewählte Betriebssysteme vor, die häufig verwendet werden und sich für unterschiedliche Entwicklungsprojekte eignen.
Raspberry Pi OS (früher Raspbian)
Raspberry Pi OS (früher Raspbian) ist das Standardbetriebssystem für den bekanntesten Einplatinencomputer. Die Software stammt von der bekannten Linux-Distribution Debian ab und bietet eine sehr gute Hardware-Unterstützung. Eine übersichtliche Bedienoberfläche erleichtert den Zugang zu ersten Projekten mit dem Raspberry Pi. Ein großes Angebot an Software unterstützt die Entwicklung von Embedded Systems und Anwendungen. Dabei können Programmierende auch auf mehrere integrierte Entwicklungsumgebungen zurückgreifen, die für Linux erhältlich sind (z. B. Codelite). Sollten Probleme bei der Programmierung und Bedienung auftauchen, hilft eine große Community.
Arch Linux
Arch Linux müssen Sie händisch installieren. Daher sollten Sie über eine gewisse Erfahrung im Umgang mit der Kommandozeile und bei der Anwendung von Terminalbefehlen mitbringen. Die manuelle Installation hat den Vorteil, dass Sie das zukünftige Betriebssystem an die eigenen Bedürfnisse anpassen können und nicht benötigte Programme erst gar nicht installieren. Eine grafische Benutzeroberfläche (z. B. Gnome, Xfce, LXDE), die standardmäßig nicht zum Installationsumfang gehört, kann nachgerüstet werden. Des Weiteren steht über ein Repository namens AUR eine äußerst umfangreiche Softwaresammlung zur Verfügung. Arch Linux gibt es auch in einer speziell angepassten Version für ARM-Prozessoren (Arch Linux ARM).
RISC OS
Wer ein Betriebssystem bevorzugt, das nicht auf Linux basiert und besonders eng auf ARM-Prozessoren und deren RISC-Architektur abgestimmt ist, kann RISC OS installieren. Das Betriebssystem hat eine grafische Benutzeroberfläche und enthält für eine hardware-nahe Programmierung einen eingebauten ARM-Assembler. Für das Entwickeln und Debuggen von Software stehen mehrere IDEs sowie unter anderem die Programmiersprache BBC Basic zur Verfügung. RISCO OS ist ein schlankes und schnelles Betriebssystem, das in wenigen Sekunden bootet und mit vorinstallierter Software geliefert wird. Durch einen modularen Aufbau lässt es sich gut an die eigenen Bedürfnisse anpassen. RISC OS ist seit 2018 Open Source und steht damit wie Linux einer weltweiten Community zur Weiterentwicklung zur Verfügung.
Windows 10 IoT Core
Mit Windows 10 IoT Core bietet Microsoft eine abgespeckte Version des bekannten Betriebssystems Windows 10, die für kleine Geräte und Boards mit begrenzten Ressourcen optimiert ist. Das OS hat standardmäßig keine grafische Oberfläche. Über ein Browserfenster, das zum Beispiel über ein angeschlossenes Notebook mit Monitor geöffnet wird, steht nach der Installation eine Bedienoberfläche (Webkonsole) mit verschiedenen Funktionen zur Verfügung (Debugging, Prozess- und Gerätemanager, IoT-Onboarding etc.). Für die Entwicklung und Programmierung von Projekten nutzen Sie die Entwicklungsumgebung Visual Studio. Wie der Name bereits andeutet, ist das OS besonders auf das Internet of Things (IoT) zugeschnitten und eignet sich daher für Smart-Home-Projekte. Sie können z. B. auf dem Raspberry Pi einen IoT Hub einrichten und für das Übertragen und Speichern von Sensordaten den Clouddienst Windows Azure nutzen.
Betriebssysteme mit dem Media Center Kodi (früher XBMC)
Möchten Sie zum Beispiel auf einem Raspberry Pi ein kompaktes und stromsparendes Media Center nutzen, stehen verschiedene Systeme für den Betrieb eines Kits zur Verfügung. Mit OpenELEC und dessen Nachfolger LibreELEC erhalten Sie zwei kostenlose Betriebssysteme auf Linux-Basis, die das bekannte Media-Center Kodi (früher XBMC) enthalten. Beide Betriebssysteme starten schnell und sind sehr schlank, da sie sich in erster Linie auf Kodi und seine Media-Center-Funktionalität spezialisiert haben. OSMC (früher RaspBMC) ist ebenfalls ein Software-Komplettpaket, das Kodi enthält. Im Vergleich zu LibreELEC ist OSMC aber nicht so einseitig auf Kodi ausgerichtet und bringt ein vollwertiges Raspberry Pi OS mit. Durch zusätzliche Pakete und Anwendungen können Sie den Funktionsumfang jederzeit erweitern.
Möchten Sie Ihr Entwicklungskit für Lernzwecke nutzen und Kindern das Programmieren näherbringen, sollten Sie sich Kano OS näher anschauen. Für die Entwicklung von Software zum Beispiel für den Raspberry Pi kann der Nachwuchs die visuelle Programmiersprache Scratch verwenden.
Bevor Sie sich eingehender mit einem Betriebssystem (auch Operating System oder kurz OS genannt) befassen, sollten Sie klären, ob Hardware und Software überhaupt zusammenpassen. Insbesondere bei Plattformen mit neuesten Mikrocontrollern kann es vorkommen, dass noch keine angepasste OS-Version zur Verfügung steht. Ist die Kompatibilität etwa mit dem aktuellen Prozessor geklärt, sollten Sie die Wahl eines Betriebssystems vor allem vom jeweiligen Einsatzzweck abhängig machen. Folgende Leitfragen können bei der Auswahl helfen:
- Möchte ich direkt auf dem Kit programmieren? Brauche ich einen Allrounder, der zum Beispiel als Media Center und gleichzeitig als Bastelkit für Experimente im Bereich Elektronik dienen soll?
- Möchte ich vor allem im Bereich Smart Home entwickeln und IoT-Funktionalitäten (IoT = Internet of things) nutzen?
- Erfüllt das OS meine Ansprüche an Bedienkomfort und Funktionsumfang?
- Steht eine passende Entwicklungsumgebung (IDE für integrated development environment) zur Verfügung und welches Software Development Kit (SDK) kann ich nutzen?
- Welche API (Schnittstelle für Programmierung) bringt das SDK mit?
Da Boards für die Entwicklung herstellerseitig nicht mit einem Betriebssystem ausgeliefert werden, kann auch die Art und Weise der Installation ein wichtiges Auswahlkriterium sein. Für den Einstieg eignet sich in der Regel ein OS, das sich weitgehend automatisch installiert. Fortgeschrittene Entwickler und Entwicklerinnen stellen sich oft lieber selbst ein Betriebssystem aus angebotenen Modulen zusammen, um beispielsweise ein möglichst schlankes und performantes OS betreiben zu können.
Unser Praxistipp: NOOBS für eine leichtere Installation
Bei NOOBS (New Out Of The Box Software) handelt es sich um kein Betriebssystem, sondern um einen Installationsassistenten, mit dessen Hilfe verschiedene Betriebssysteme kinderleicht installiert werden können. Dazu muss NOOBS lediglich auf eine SD-Karte kopiert werden. Beim nächsten Bootvorgang wird ein übersichtlicher Assistent von der eingelegten SD-Karte geladen. Hier können Sie nun das gewünschte Betriebssystem, das installiert werden soll, aus einer Liste auswählen. NOOBS ist speziell für Einsteiger sehr gut geeignet, die sich nicht lange mit der Installation eines Betriebssystems aufhalten wollen.
Kann ich die vorgestellten Betriebssysteme auf einem Arduino-Kit installieren?
Arduino-Entwicklungskits benötigen kein Betriebssystem. Stattdessen müssen Sie nur die kostenlose Arduino IDE zum Beispiel auf einem Windows-Rechner installieren. Das dort bereitgestellte und kompilierte Programm übertragen Sie dann via SD-Karte auf das Entwicklungskit.
Was benötige ich für die Installation eines Betriebssystems?
Betriebssysteme für Entwicklungskits sind normalweise Open Source und daher in der Regel im Netz kostenfrei erhältlich. Haben Sie sich die Installationsdateien im Internet besorgt, erstellen Sie anschließend ein Betriebssystem auf einer bootfähigen SD-Karte. Anschließend starten Sie das OS von dieser Karte und nehmen weitere Einstellungen vor (z. B. Passwort und Login-Daten eingeben und speichern).
Welche SD-Karte sollte ich kaufen?
Empfohlen werden zum Beispiel für den Raspberry PI SD-Karten mit einer Kapazität von mindestens 8 GB, besser sind 16 oder 32 GB.