Ratgeber
Entstörkondensatoren finden sich in zahlreichen Haushaltsgeräten, vom Staubsauger über die Kaffeemaschine bis zu PC und Kühlschrank. Ebenso präsent sie sie aber auch in der Industrie, in Elektromotoren beispielsweise. Ihr Zweck: Sie schützen das jeweilige Equipment vor Überspannungen, verringern elektromagnetische Störeinflüsse auf den Funkempfang und bieten gleichzeitig in begrenztem Umfang Schutz vor Stromschlägen. Wie solche Bauelemente funktionieren, wie und wo sie einzusetzen sind, das erfahren Sie hier.
Ein Entstörkondensator ist aufgebaut wie jeder andere Kondensator auch: Zwei oder mehrere Metallelektroden sind durch eine Isolierschicht, das Dielektrikum, voneinander getrennt. Er verfügt auch über dessen wesentliche Funktionen – er kann Energie speichern und Frequenzen je nach Höhe einen mehr oder weniger großen Widerstand entgegensetzen.
Die typischen Kondensatoreigenschaften nutzen Entstörkondensatoren für drei wichtige Zwecke:
Sie verringern hochfrequente Störsignale. Diese entstehen häufig beim Ein- und Ausschalten elektrischer Anlagen und äußern sich beispielsweise beim Radioempfang durch ein deutlich hörbares Knacken im Lautsprecher. Entsprechend nennt man diese Kondensatoren denn auch einfach Funkentstörkondensatoren.
Sie dienen als Geräteschutz gegen Überspannungen. Diese treten meist dann auf, wenn zum Beispiel per Netzstrom betriebene induktive Lasten wie Motoren oder Trafos eingeschaltet werden. In der Regel sind dann auch Einschwingvorgänge mit im Spiel, so genannte Transienten.
- Sie schützen das Versorgungsnetz. Fehlende, defekte oder ungeeignete Entstörkondensatoren beziehungsweise Netzfilter können einerseits unerwünschte Rückwirkungen auf das Stromnetz verursachen, andererseits auch zu gefährlichen Betriebszuständen bis hin zu Explosionen oder Bränden führen.
Eingeteilt sind Sicherheitskondensatoren in die drei Hauptklassen X, Y und XY. Die Kriterien sind der Bereich der Bemessensspannung, die Ausführung der Isolation und die Impulsfestigkeit. Zu beachten: Entstörkomponenten sind oft für 10 bis 20 Jahre oder länger semipermanent direkt an die Netzspannung angeschlossen. Sie sind daher dauernd schädlichen Überspannungen und Transienten ausgesetzt. Aus diesem Grund müssen Entstörkondensatoren die Sicherheits- und Entflammbarkeitsanforderungen der europäischen Sicherheitsnorm IEC/EN 60384-14-2 entsprechen.
Hier eine kurze Klassenübersicht:
X: Hier finden sich überwiegend Sicherheitskondensatoren, die das angeschlossene Gerät vor Überspannung schützen. Verbunden über den Kondensator sind der Außenleiter und der Nullleiter oder zwei Außenleiter der Stromzuführung. X-Kondensatoren absorbieren effektiv symmetrische oder differentielle Störungen.
Y: Um den Benutzer eines Geräts vor einem Stromschlag zu schützen, sind Y-Typen zwischen dem Außen- und dem Schutzleiter oder dem Neutralleiter und dem Schutzleiter verbunden.
XY: Diese Klasse bezeichnet Bauteile, in denen sich in einem einzigen Gehäuse sowohl ein X- als auch ein Y-Kondensator befinden. Kondensatoren dieser Art sind in der Regel mit drei Anschlüssen versehen.
Neben den Hauptklassen existieren unter noch die Unterklassen X1, X2, Y1 und Y2. Gemeinsam ist diesen Unterklassen ihr Nennspannungsbereich von mindestens 250 Volt. X2 und Y2 sind dabei die am häufigsten verwendeten sicherheitszertifizierten Kondensatoren, da sie beim Anschluss an Haushaltssteckdosen zum Einsatz kommen. In industriellen Umgebungen dominieren dagegen die Typen X1 und X1. Typische Beispiele sind Beleuchtungen mit 3-Phasen-Vorschaltgeräten.
Sicherheitskondensatoren, die sämtliche Aspekte der X- und Y-Typen kombinieren, erfüllen sowohl die X- als auch die Y-Sicherheitsanforderungen und -normen. Für die X1/Y1-Kombination bedeutet dies somit, dass der Kondensator entweder als X1-Typ in einer Leiter-zu-Leiter-Anwendung oder als Y1-Typ in einer Leiter-zu-Erde-Anwendung verwendet werden kann.
Unterklasse | Impulsspitzenspannung im Betrieb | Geforderte Impulsfestigkeit |
---|---|---|
X1 | 2.5 bis 4 kV | 4 kV für C ≤ 1μF |
X2 | ≤ 2.5 kV | 2.5 kV für C ≤ 1 μF |
Unterklasse | Nennspannungsbereich | Geforderte Impulsfestigkeit |
---|---|---|
Y1 | ≤ 500 V AC | 8 kV |
Y2 | ≥150 - ≤ 300 V AC | 5 kV |
Bauarten von Entstörkondensatoren
Klassen und Unterklassen sind nicht die einzigen Unterscheidungsmerkmale. Auch hinsichtlich der Konstruktion existieren Unterschiede, die sich erheblich auf die Einsatzbereiche auswirken. Gekennzeichnet sind die Bauarten durch zwei Großbuchstaben. Der erste steht für die Art der Elektrode, also M für Metall. Der zweite Buchstabe kennzeichnet das Material des Dielektrikums, auf das die Metallschicht aufgedampft oder aufgedruckt ist.
MP: Sicherheitskondensatoren dieser Bauart besitzen als Dielektrikum einen ein- oder beidseitig mit Aluminium bedampften Papierstreifen. Ähnlich einem normalen Folienkondensator ist dieser Streifen im Wechsel mit einer Lage Isolierpapier zu einem Wickel aufgerollt. Was diese Kondensatorbauart bis heute zu einem der zuverlässigsten und sichersten macht ist das Isolierharz, in das der Wickel eingebettet ist. Dieses Harz sorgt für große Beständigkeit gegenüber Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen. Zusätzlicher Effekt: Diese MP-Typen besitzen selbstheilende Eigenschaften. Dielektrische Durchschläge oder Kurzschlüsse zwischen den Elektroden führen nicht zur Zerstörung des Bauteils. An der Durchschlagstelle verdampft die Metallschicht lediglich und hinterlässt einen nichtleitenden winzigen Fleck auf dem Dielektrikum. Die Isolation zwischen den Elektroden bleibt somit erhalten.
MKP: Ähnlich konstruiert wie MP-Typen wird bei MKP statt eines Papierstreifens eine Polypropylenfolie verwendet. Hohe Feuchtigkeits- und Langzeitstabilität sind ebenso vorhanden wie die Selbstheilung. Kondensatoren dieses Typs sind in ein Kunststoffgehäuse eingegossen.
MKT: Wird statt Polypropylen Polyester als Folienmaterial verwendet, handelt es sich um einen MKT-Typ. Er besitzt ähnlich positive Eigenschaften wie die vorgenannten Bauarten, ist aber von der Größe her kompakter konstruiert.
MLCC: Das M steht hier sowohl für Metall als auch für Multi – es handelt sich um einen „Multi Layer Ceramic Capacitor“, also um einen mehrlagigen Keramikkondensator. MLCC-Komponenten sind die modernste Form für Keramikkondensatoren überhaupt. Sie können so klein sein, dass sie durch entsprechende Automaten direkt auf die Platine aufgelötet werden können, im sogenannten SMD-Verfahren. Durch die hervorragenden elektrischen wie verarbeitungstechnischen Voraussetzungen gelten MLCC von der Stückzahl her als die heute am meisten verbauten Keramikkondensatoren. Ihr Kapazitätsbereich kann bis zu mehreren hundert Mikrofarad (µF) betragen.
Entstörkondensatoren beziehungsweise Funkentstörkondensatoren gehören zu den kritischen elektronischen Bauelementen. Unsachgemäßer oder nicht an die Verwendung des Geräts angepasster Einbau kann zu Bränden, Explosionen oder lebensgefährlichen Kurzschlüssen führen. Um Störungen und Gefährdungen von vornherein auszuschließen, ist unbedingt die Norm IEC/EN 60384-14-2 zu beachten.
Hinsichtlich der elektrischen Parameter ist auf die Kapazität des Kondensators ebenso zu achten wie auf die Nennspannung, definiert in den X- und Y-Unterklassen. Konstruktionstechnisch wichtig sind Bauart – radiale Anschlüsse beziehungsweise SMD –, Rastermaß, Länge, Breite und Höhe sowie der zulässige Temperaturbereich. Die weitaus meisten angebotenen Sicherheitskondensatoren sind bis zu einer maximalen Temperatur von 110 °C zugelassen, was im Allgemeinen ausreichen dürfte.
Aus Sicherheitsgründen sollte man auch die Kennzeichnung der Bauelemente beachten, vor allem erforderliche Prüfzeichen. Sind keine vorhanden oder entsprechen nicht der gültigen Norm, darf ein damit ausgestattetes Gerät nicht in Betrieb genommen werden.
FAQ – häufig gestellte Fragen
Sind Sicherheitskondensatoren der Typen X2 und Y2 austauschbar?
Ein Y2-Typ kann problemlos an Stelle eines X2-Typs verwendet werden. Ein X2-Typ sollte aber keinesfalls einen Y2-Typ ersetzen. Das liegt daran, dass ein X2-Kondensator zwar funktionieren und die Störungen ausreichend filtern würde, er aber nicht den Sicherheitsstandards für die Verbindung von Leitung und Erde entspricht. Y2-Sicherheitskondensatoren sind deutlich robuster und können höheren Spitzenimpulsspannungen standhalten.
Lassen sich Funk-Entstörkondensatoren durch normale Kondensatoren ersetzen?
Auf gar keinen Fall, da ein normaler Kondensator konstruktionstechnisch nicht für die erforderlichen Betriebszustände geeignet ist. Neben Kurzschlüssen kann es im schlimmsten Fall zu Bränden oder Explosionen kommen. Entstörkondensatoren sind so ausgelegt, dass sie auch bei hohen Spannungsimpulsen ihre Isolationsfähigkeiten behalten und selbst bei Durchschlägen weder eine Stichflamme freisetzen noch leitfähiges Material absondern. Im seltenen Fall einer Zerstörung platzen sie einfach auf.
Warum sollten auch LED-Lampen mit Sicherheitskondensatoren ausgestattet sein?
LED-Beleuchtungen wie LED-Licherketten oder LED-Spots sind sehr empfindlich gegenüber Leckströmen und elektrischen Einschwingungen. Sie beginnen dann häufig zu blitzen oder zu glimmen. Was im eingeschalteten Zustand nicht auffällt, kann beim Abschalten der Beleuchtung sehr unangenehmen sein. Je nach Ausstattung der LED-Leuchte lassen sich Leckströme über parallel mit den elektrischen Zuleitungen verbunden Kondensatoren ausgleichen. Ist ein Schutzleiter vorhanden, helfen entweder ein X1- oder X2-Kondensator jeweils der Unterklasse Y2. Ohne Schutzleiter genügt die Parallelschaltung mit einem X2-Typ einer beliebigen Unterklasse.