Ratgeber
Sicher ist Ihnen das auch schon passiert: Sie laufen über einen Teppichboden, fassen eine metallische Türklinke an – und bekommen einen elektrischen Schlag! Sie wurden dann Opfer einer ESD, einer electrostatic discharge, zu Deutsch elektrostatischen Entladung. Das ist zwar unangenehm, aber nicht gefährlich. Anders sieht es aus, wenn die Entladung beispielsweise über Kondensatoren oder Halbleiter erfolgt. Diese Bauelemente würden das wohl kaum überstehen. Arbeitsplätze in Elektronikbereichen sollten daher zwingend mit ESD-Schutzmaßnahmen ausgestattet sein und regelmäßig überprüft werden. Mit speziellen ESD-Testgeräten, die wir Ihnen in unserem Ratgeber vorstellen.
Ungewollte elektrostatische Ladungen entstehen meist dann, wenn zwei nicht oder nur wenig leitende Materialien aneinandergerieben werden. Dabei können sich – je nach Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit – Spannungen von bis zu einigen Tausend Volt aufbauen. Trockene kalte Luft begünstigt dieses Phänomen, das auch als tribologischer Effekt bekannt ist.
Elektrostatische Aufladungen sind definiert als elektrische Ladungen im Ruhezustand. Statische Elektrizität ist ein Ungleichgewicht elektrischer Ladungen innerhalb oder auf der Oberfläche eines Materials. Dieses Ungleichgewicht der Elektronen erzeugt ein elektrisches Feld, das andere Objekte beeinflussen kann.
Als ESD wird die schnelle, spontane Übertragung dieses Feldes bezeichnet. Die Ladung fließt normalerweise durch einen Funken zwischen zwei Körpern mit unterschiedlichem elektrostatischem Potential, wenn sie sich einander nähern. So wird der menschliche Körper durch das Gehen zum Beispiel mit Gummisohlen auf einem Teppichboden positiv aufgeladen. Wird dann ein negativ geladener Gegenstand wie die Türklinke berührt, ziehen sich die beiden unterschiedlichen Ladungen an, es kommt sozusagen zum Kurzschluss.
Nicht zu vergessen: Der menschliche Körper und seine Kleidung können im Laufe eines Tages zwischen 500 und 2500 Volt elektrostatischer Ladung speichern. Zu spüren sind allerdings nur Impulse zwischen 3000 und 4000 Volt. Die tägliche Aufladung liegt dennoch weit über dem Niveau, das elektronische Schaltungen vertragen können.
ESD kann die elektrischen Eigenschaften eines Halbleiter Bauelements verändern und es dadurch verschlechtern oder sogar zerstören. Wenn die Ladung zum Beispiel auf ein elektronisches Gerät wie eine PC-Erweiterungskarte trifft, könnte die starke Hitze der Entladung die winzigen SMD-Bauelemente der Karte schmelzen oder verdampfen lassen.
Es muss sich bei diesen Entladungen nicht zwangsläufig um mehrere Tausend Volt handeln. Viele elektronische Geräte sind auch anfällig für ESD-Ereignisse mit deutlich niedrigerer Spannung. Festplattensteuerungen zum Beispiel reagieren schon negativ auf lediglich 10 Volt. Aus diesem Grund ergreifen die Hersteller elektronischer Geräte während des gesamten Herstellungs-, Test-, Versand- und Handhabungsprozesses Maßnahmen zur Vermeidung von ESD-Ereignissen.
In einem elektrostatisch geschützten Bereich ist die permanente Überwachung der Schutzwirkung äußerst wichtig, nicht zuletzt aufgrund der Anforderungen der Norm DIN EN 61340-5-1. Die Investition in Prüfgeräte trägt dazu bei, sowohl die Sicherheit der Mitarbeitenden als auch die der Geräte zu gewährleisten.
Bei den Tests zum ESD-Schutz wird zwischen der Luftmethode und der Kontaktmethode unterschieden:
Die Luftmethode nutzt einen auf das zu testende Gerät gerichteten geladenen Generator. Die Entladung ist manchmal als Blitz sicht- und hörbar.
Die Kontaktmethode eliminiert dagegen weitgehend die Auswirkungen von Umwelteinflüssen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit, wie sie bei der Luftmethode auftreten können. Der Generator befindet sich dabei in direktem Kontakt mit dem zu testenden Gerät.
Im Allgemeinen basieren ESD-Testgeräte auf der Messung physikalischer Größen. Dazu gehören das elektromagnetische Feld, Feuchtigkeit, Temperatur, Kapazität, Oberflächen- und Ableitwiderstand. Die entsprechenden Prüfgeräte sind üblicherweise klein und handlich, die Spannungsversorgung erfolgt je nach Modell über integrierte Akkus beziehungsweise Batterien oder über Steckernetzteile.
Die für Prüfungen am häufigsten verwendeten Messgeräte sind ESD-Pistolen. Viele Modelle sind programmierbar, können Daten speichern und zum Beispiel über eine USB-Schnittstelle zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stellen. Ein solcher Simulator erlaubt die schnelle Freisetzung von Energie mit unterschiedlichen potenziellen Ladungen. Die meisten Simulatoren enthalten heute sowohl Luft- als auch Kontaktentladungsspitzen. Die Art und Weise der Befestigung ist unterschiedlich: Manche Spitzen lassen sich aufschieben, andere wiederum aufdrehen. Unabhängig von der Anbringung müssen sie alle der entsprechenden Prüfnorm entsprechen, in der Regel der DIN EN 61000-4-2.
Das RC-Netzwerk ist eine Kombination aus den Anforderungen an die Widerstandskapazität, die durch den entsprechenden Standard vorgegeben sind. Für kommerzielle Anwendungen basiert dies in der Regel ebenfalls auf der DIN EN 61000-4-2, die für eine kapazitive Messung 150 Pikofarad und einen Widerstand von 330 Ohm vorschreibt. Diese Werte können sowohl je nach Anwendung als auch je nach Teststufe sehr unterschiedlich sein, wobei einige RC-Netzwerke speziell für die Erfüllung der Testkriterien angefertigt wurden.
Die Kalibrierung der ESD-Messgeräte ist ein wichtiger Prozess, da sie die Genauigkeit der Prüfgeräte bestimmt. Bei diesem Prozess wird ein Messwert ermittelt und die Abweichung von dem mit einem Standardgerät erfassten Wert gemessen. Die Kalibrierung eines ESD-Messgeräts beinhaltet auch die Anpassung seiner Präzision und Genauigkeit, damit die Messwerte mit dem festgelegten Standard übereinstimmen.
Handgelenkband
Dieses Prüfgerät ist entweder tragbar oder für die Wandmontage geeignet. Es testet die Wirksamkeit des Handgelenkbandes bei der Ableitung der Ladung. Die Ergebnisse sind häufig über farbige LEDs ablesbar, grün steht dabei für bestanden und rot, wenn das Armband beim Test versagt hat.
Schuhwerk-Ableiter
Durch starke Beanspruchung verschlechtert sich das Schuhwerk im Laufe der Zeit und verliert oft antistatischen Eigenschaften. Das Testen der Schuhe gewährleistet eine sichere, elektrostatisch neutrale Umgebung. Messgeräte für Schuhe gibt es oft als Zusatz für den Handgelenkt-Tester, sie umfassen in der Regel den Widerstandsbereich von 750 Kiloohm bis zu 100 Megaohm.
Monitoring-Systeme
Monitoring-Systeme überwachen kontinuierlich, ob die Handschlaufe, die Erdungsmatte oder die Erdverbindung korrekt funktionieren. Sollte ein Teil des Systems ausfallen, leuchtet am Testgerät eine rote LED-Anzeige auf und ein Signalton ertönt. Die optische und akustische Warnung läuft je nach Typ der Anlage häufig auch über einen Monitor.
Bodenbelag-Ableiter
Elektrostatische Entladungen sind nicht nur unmittelbar an allen Arbeitsplätzen möglich. Durch die Reibung von Schuhen und Boden werden auch große Mengen an statischer Energie erzeugt und an den Boden weitab vom Arbeitsplatz abgegeben. Zur Messung bieten sich komplette Test-Kits an. Sie basieren üblicherweise auf einem Megohmmeter und schweren, als Elektroden dienenden Bodengewichte. Für die Messung werden die beiden Gewichte im Abstand von einem Meter auf den zu testenden Bodenbelag platziert und unter eine bekannte Spannung gesetzt. Das Megohmmeter zeichnet den Widerstand innerhalb des Materials auf. Damit lässt sich feststellen, ob der Widerstand innerhalb der zulässigen Normbereiche liegt.