Ratgeber
In explosionsgefährdeten Bereichen ist der Gebrauch explosionsgeschützter Mobiltelefone aus Arbeitsschutz- und Sicherheitsgründen vorgeschrieben. Sie erfüllen alle wichtigen Anforderungen zum Zweck des Explosionsschutzes, die innerhalb der EU durch die ATEX-Richtlinien geregelt sind.
Welche Eigenschaften Ex-geschützte Handys und Smartphones auszeichnen, welche praktischen Features sie bieten und worauf beim Kauf zu achten ist, erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Der Gebrauch explosionsgeschützter Mobiltelefone ist in explosionsgefährdeten Umgebungen vorgeschrieben. Zu explosionsgefährdeten Umgebungen zählen Fabriken, Produktionsstätten, Werkstätten, Betriebe und andere Bereiche, in denen mit brennbaren Materialien gearbeitet wird, deren Zündung zu einer Explosion führen könnte. Dabei kann es sich um Gase oder Flüssigkeiten handeln, aber auch um Stäube, Nebel und Gemische. Typische Beispiele für Umgebungen, in denen Explosionen auftreten können, sind Tankstellen, Kernkraftwerke, Ölplattformen, Zementwerke, Chemie- und Lebensmittelfabriken.
Nun gibt es in Industrie und Gewerbe einen hohen Bedarf, zu Kommunikations- und Kontrollzwecken Mobiltelefone zu nutzen. Das ergibt sich schon daraus, dass in weitläufigen Produktionshallen und Lagern ansonsten große Strecken überwunden werden müssten, um sich abzusprechen. Nicht selten kommt es vor, dass Handys und Smartphones auch in Bereichen eingesetzt werden müssen, in denen Explosionsgefahr herrscht. Der Gebrauch herkömmlicher Mobiltelefone würden in dem Fall ein hohes Sicherheitsrisiko bedeuten. Grund dafür ist, dass es bei normalen Handys und Smartphones zur Bildung von Mikrofunken kommen kann, beispielsweise dann, wenn sich beim Herunterfallen der Akku löst oder es zu einem Kurzschluss kommt. Zwar benötigen moderne Mobiltelefone weniger Spannung als noch vor zehn Jahren und sind oft mit fest verbauten Akkus ausgestattet, ganz ausschließen lässt sich eine Funkenbildung jedoch nicht.
Aus diesem Grund sind explosionsgeschützte Mobiltelefone für die Verwendung in explosionsfähiger Atmosphäre vorgeschrieben und speziell für diesen Zweck entwickelt. Sie sind derart konzipiert, dass sie weder während des Betriebs noch im Fall eines Defekts oder eines Unfalls zu einer Zündquelle werden können. Dadurch tragen sie zur Sicherheit der Anwenderinnen und Anwender sowie aller Personen bei, die von einer Explosion betroffen sein könnten.
ATEX (Atmosphères Explosibles „explosionsfähige Atmosphären“) ist die Kurzbezeichnung für die innerhalb der EU geltenden Richtlinien 2014/34/EU (vormals 94/9/EG) und 1999/92/EG. Hierin sind Sicherheitsanforderungen für explosionsgefährdete Bereiche geregelt, an die sich Hersteller von Ex-Geräten und Betreiber von Ex-Anlagen halten müssen.
Die Richtlinie 2014/34/EU bezieht sich auf Produkte, weshalb sie inoffiziell auch als ATEX-Produktrichtlinie bezeichnet wird. Hierin sind die Anforderungen in Bezug auf das Inverkehrbringen von elektrischen und nicht elektrischen Ex-Geräten, Ex-Komponenten und Ex-Schutzsystemen beschrieben. Dazu zählen Maschinen und Betriebsmittel genauso wie passive Bauteile, die für deren Betrieb erforderlich sind. Seit 2003 müssen Ex-Geräte die vorgegebenen Kriterien erfüllen und nach der Richtlinie zugelassen sein, wenn sie in Verkehr gebracht werden.
In der Richtlinie 1999/92/EG (aufgrund relevanter Artikel auch ATEX 118a und ATEX 137 genannt) sind Sicherheitsanforderungen beschrieben, die Betreiber einer Ex-Anlage bzw. Arbeitgeber umzusetzen verpflichtet sind. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um drei Maßnahmen: Die Bildung explosionsfähiger Atmosphäre vermeiden oder einschränken (primärer Explosionsschutz), wirksame Zündquellen vermeiden, wozu auch der Gebrauch von Ex-geschützten Mobilgeräten zählt (sekundärer Explosionsschutz) und die Auswirkungen einer möglichen Explosion weitestgehend beschränken (tertiärer Explosionsschutz). Darüber hinaus besteht die Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und eine Einteilung in Ex-Schutz-Zonen vorzunehmen.
Die Einteilung in Zonen dient dazu, explosionsgefährdete Bereiche zu charakterisieren abhängig davon, wie häufig und wie lange eine explosionsfähige Atmosphäre auftritt. Für Ex-Bereiche, in denen brennbare oder entzündliche Gase, Dämpfe oder Nebel vorkommen, sind die ATEX-Zonen 0, 1 und 2 definiert. Zone 0 bezieht sich auf einen Bereich, in dem bei Normalbetrieb die explosionsfähige Atmosphäre sehr häufig oder sehr lange vorkommt. Zone 1 beschreibt einen Bereich, indem die explosionsfähige Atmosphäre gelegentlich auftritt. Zone 2 kennzeichnet einen Bereich, in dem eine explosionsfähige Atmosphäre gar nicht oder nur kurzzeitig vorhanden ist. Für Ex-Bereiche, in denen brennbare Stäube vorkommen, sind die ATEX-Zonen 20, 21 und 22 definiert.
Hier verhält es sich analog: Zone 20 steht für ein langanhaltendes oder häufiges Auftreten, Zone 21 für ein gelegentliches Auftreten und Zone 22 für ein seltenes oder kurzzeitiges Auftreten.
Ex-geschützte Handys und Smartphones tragen nicht nur zu einem sicheren Arbeiten in explosionsgefährdeter Umgebung bei, sie zeichnen sich auch durch allerhand weitere praktische Ausstattungsmerkmale aus. In vielen Fällen handelt es sich um Industrie-Smartphones und -Handys, die hohe Anforderungen in Sachen Leistung und Strapazierfähigkeit erfüllen und speziell für den Einsatz unter anspruchsvollen Bedingungen optimiert sind. Sie sind nicht nur robust und schlagfest, sondern meist auch wasserdicht und staubdicht, weshalb sie beispielsweise auf Baustellen oder im Bergbau verwendet werden können. Die Displays bestehen üblicherweise aus extrem hartem Gorilla-Glas und können in hoher Helligkeit eingestellt werden, so dass eine gute Ablesbarkeit auch bei sehr hellem Umgebungslicht sichergestellt ist. Touchscreens und Tastenfeldern sind in vielen Fällen problemlos mit Handschuhen bedienbar. Die Akkus von Industrie-Smartphones und -Handys haben hohe Kapazitäten und ermöglichen entsprechend lange Laufzeiten.
Neben USB und Bluetooth zählen insbesondere industrielle Schnittstellen wie ISM zur Ausstattung von Industrie-Smartphones und Handys. Darüber können Peripheriegeräte angebunden werden, mit denen sich Daten innerhalb des Ex-Bereichs erfassen und auswerten lassen. Möglich wäre beispielsweise, eine Wärmebildkamera auf das Smartphone zu stecken, über die ISM-Schnittstelle anzuknüpfen und damit Bilder oder Videos aufzunehmen, die dann auf dem Telefon dargestellt, weiterbearbeitet oder verschickt werden können. Statt einer Kamera können auch Messgeräte, Barcodescanner und andere Zusatzgeräte angebunden werden.
Häufig sind Ex-geschützte Handys und Smartphones SIM-Lock-frei. Das bedeutet, dass man nicht gezwungen ist, eine SIM-Karte eines bestimmten Mobilfunkanbieters zu nutzen, sondern jede beliebige SIM-Karte verwenden kann. Für den Alleinarbeiterschutz sind viele Geräte mit einer SOS-Taste ausgestattet, um im Notfall einen Notruf senden zu können. Gelegentlich stehen auch mehrere SOS-Tasten für unterschiedliche Alarmszenarien zur Verfügung. Manche Ex-geschützten Handys und Smartphones sind sogar in der Lage, einen Vertikalitätsverlust oder Immobilität zu erkennen. Auf diese Weise können sie erfassen, wenn der Träger oder die Trägerin stürzt oder bewegungsunfähig ist, und einen Alarm mitsamt GPS-Position senden.
Darüber hinaus bieten einige Ex-geschützte Handys und Smartphones eine Push-To-Talk-Funktion, mit deren Hilfe sie als Walkie-Talkie verwendet werden können. Vorteilhaft daran ist, dass man direkt, sofort und kostenlos über Funkfrequenzen kommunizieren kann. Das ist beispielsweise im Lagerwesen und den Bereichen Transport und Logistik von Bedeutung, wo eine schnelle Kommunikation zwischen verschiedenen Standorten und mit einer Vielzahl von Personen gefordert ist.
Beim Kauf eines Ex-geschützten Handys oder Smartphones ist zunächst darauf zu achten, dass es sich um ein Gerät handelt, das von Beginn an in explosionsgeschützter Bauweise hergestellt ist, denn nachträglich umgerüstete Mobiltelefone bergen immer ein Sicherheitsrisiko.
In dem Zusammenhang spielen Zertifizierungen eine wichtige Rolle. Entscheiden Sie sich in jedem Fall für ein Produkt, das die Kriterien der ATEX-Richtlinien erfüllt und danach zugelassen ist. Was für ein Modell konkret in Frage kommt, hängt im Wesentlichen vom Gefahrenpotenzial des Ex-Bereichs und demzufolge von der jeweils vorliegenden Zone ab. Für jede ATEX-Zone werden spezifische Mobiltelefone angeboten, die auf die individuellen Anforderungen abgestimmt sind.
Von Bedeutung ist auch, in welchem Umfang und für welche Zwecke das Handy oder Smartphone genutzt wird. Für Telefonie, SMS und vergleichbar grundlegende Anwendungen ist ein einfaches Handy mit Tastenfeld ausreichend. Eine Kamera braucht es auch nicht in jedem Fall. Ein Smartphone mit großem Display bietet sich dagegen an, wenn ein größerer Funktionsumfang erforderlich ist und man beispielsweise das Internet nutzen oder sich Bilder, die man mit der Smartphone-Kamera aufgenommen hat, direkt auf dem Bildschirm anzeigen lassen möchte.
Anzahl und Art der zur Verfügung stehenden Schnittstellen sind ebenfalls zu berücksichtigen. USB und Bluetooth sind standardmäßig bei so gut wie jedem Ex-geschützten Handy und Smartphone zu finden. Industrie-Schnittstellen können je nach Anwendung ebenfalls nützlich sein. Zu berücksichtigen ist außerdem das Betriebssystem. Die meisten Mobiltelefone arbeiten Android-basiert, es gibt aber auch Ausführungen mit proprietärem bzw. herstellereigenem Betriebssystem. Android empfiehlt sich dann, wenn man das Angebot des Google Play Stores nutzen möchte.
In Industrie und Produktion sind laute Arbeitsumgebungen keine Seltenheit. Das kann beim Telefonieren oder beim Abhören von Sprachnachrichten hinderlich sein. In dem Fall kommt es auf eine starke Lautsprecherleistung an. Sinnvoll ist es daher, ein explosionsgeschütztes Smartphone oder Handy mit verstärkten Lautsprechern zu wählen, wenn während der Arbeit mit einer lauten Geräuschkulisse zu rechnen ist.
Kann ich ein Ex-Handy, das für Zone 1 zugelassen ist, auch für Zone 2 verwenden?
Nein, es ist aber häufig möglich, ein Ex-Handy für Zone 1 auch in Zone 21 zu nutzen sowie ein Ex-Handy für Zone 2 in Zone 22. Halten Sie sich diesbezüglich immer an die Herstellerangaben.
Was bedeutet der Ausdruck „Smart Ex“?
Die Bezeichnung „Smart Ex“ wird häufig von Herstellern genutzt, um ihre Produkte als Ex-geschützte Smartphones auszuweisen. Dahinter steckt keine spezielle Funktionalität.
Gibt es neben Handys und Smartphones noch weitere Ex-geschützte Mobilgeräte?
Ja, so bieten Hersteller beispielsweise auch explosionsgeschützte Tablets, Smart Watches, Funkgeräte und Headsets an.