Ratgeber
Gewindebohrer dienen dazu, Innengewinde in festen Werkstoffen wie Metall, Holz oder Kunststoff zu erzeugen. Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, bohren sie nicht, sondern schneiden die Gewindestruktur heraus. Welche Arten von Gewindebohrern es gibt und worauf beim Umgang zu achten ist, erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Gewindebohrer sind Werkzeuge aus gehärtetem Metall, die zur Herstellung von Innengewinden zum Einsatz kommen. Sie werden in vorgebohrte Löcher eingeschraubt und arbeiten dabei halb schneidend, halb quetschend das Gewinde heraus. Zu diesem Zweck sind Gewindebohrer mit mindestens zwei Schneiden ausgestattet.
An den Schneiden befinden sich Zähne, die das Material Span für Span abtragen und dabei eine Struktur erzeugen. Gewindebohrer finden zum Nachschneiden, Ausbessern oder Vergrößern bestehender Gewinde Verwendung oder werden dazu genutzt, beschädigte Schraubgewinde zu reparieren.
Grundsätzlich sind Gewindebohrer in Handgewindebohrer und Maschinengewindebohrer zu unterscheiden.Handgewindebohrer werden – der Name deutet es bereits an – für das manuelle Geschwindeschneiden verwendet und zu diesem Zweck in ein Windeisen eingespannt.
Ein Windeisen ist ein Werkzeug mit zwei Metallgriffen und verstellbaren Backen, die den Schaft des Bohrers aufnehmen und fixieren. Durch Drehen der Griffe wird die nötige Hebelkraft erzeugt, um den Bohrer in das vorgefertigte Bohrloch zu schrauben.
Handgewindebohrer werden als Einschnitt-Gewindebohrer oder in Form von zwei- oder dreiteiligen Sets angeboten. Dreiteilige Handgewindebohrer-Sets bestehen aus einem Vorschneider, einem Mittel- beziehungsweise Nachschneider und einem Fertigschneider.
Mittelschneider
Der Mittelschneider wird zum Nachschneiden des vorgefertigten Gewindegangs verwendet. Er erzeugt tiefere Kerben und damit einhergehend eine präzisere Gewindeform. Um den Mittelschneider vom Vorschneider und Fertigschneider zu unterscheiden, befinden sich am Schaft zwei ringförmige Markierungen.
Zweiteilige Handgewindebohrer-Sets bestehen nur aus einem Vorschneider und einem Fertigschneider. Hiermit können Gewinde nicht in drei, sondern in zwei Arbeitsschritten gefertigt werden. Eine Sonderform stellt der Einschnitt-Gewindebohrer dar. Er vereint die Funktionen von Vorschneider und Fertigschneider und ermöglicht es, Innengewinde in nur einem Arbeitsgang zu erzeugen. Einschnitt-Gewindebohrer werden in entsprechender Bauart auch für das maschinelle Gewindebohren verwendet.
Maschinengewindebohrer sind im Gegensatz zu Handgewindebohrern für den maschinellen Antrieb vorgesehen. Sie werden in Verbindung mit rotierenden elektrischen Werkzeugen wie Akkuschraubern oder Bohrmaschinen genutzt. Maschinengewindebohrer können als Durchgangs- und Sacklochgewindebohrer realisiert sein.
Durchgangsgewindebohrer
Durchgangslochgewindebohrer schneiden Gewinde in Durchgangslöcher.
Dabei handelt es sich um Bohrlöcher, die durch das komplette Werkstück gehen.
Durchgangslochgewindebohrer sind mit einer geraden Span-Nut ausgestattet, die die Späne beim Schneiden nach unten abgeführt.
Auf diese Weise können sie durch das Bohrloch fallen und behindern das Arbeiten nicht.
Sacklochgewindebohrer
Sacklochgewindebohrer werden an nicht durchgängigen Bohrlöchern, sogenannten Sacklöchern, verwendet.
Problematisch dabei ist, dass die beim Schneiden entstehenden Späne nicht nach unten abgeführt werden können, weil das Bohrloch in einer bestimmten Tiefe endet.
Aus diesem Grund sind Sacklockgewindebohrer mit einer spiralförmigen Span-Nut versehen, durch die der Span gerollt, zur oberen Öffnung geleitet und schließlich hinausbefördert wird.
Sacklochgewindebohrer sind die am häufigsten genutzten Maschinengewindebohrer, weil mit ihrer Hilfe ebenso Gewinde in Durchgangslöchern erzeugt werden können. Sie decken quasi zwei Anwendungsbereiche ab und machen die Anschaffung eines Durchgangsgewindebohrers daher überflüssig.
Um die richtige Kernlochgröße zu ermitteln, müssen drei Parameter bekannt sein: Steigung, Kerndurchmesser und Nennmaß des Gewindes.
Anhand der Faustformel „Gewindedurchmesser minus Steigung = Durchmesser des Kernlochbohrers“ kann man für metrische ISO-Gewinde den Bohrlochdurchmesser selbst berechnen. Alternativ lesen Sie die Werte anhand unserer Maßtabelle einfach ab.
Um ein Gewinde schneiden zu können, muss man zunächst ein Kernloch in das Werkstück bohren. Dabei ist auf das richtige Größenverhältnis zu achten. Nur wenn die Größe des Kernlochs zur Gewindegröße passt, kann das Gewinde richtig herausgearbeitet werden.
Ist das Kernloch zu groß, greift der Gewindebohrer nicht richtig. Ist das Kernloch zu klein, entsteht ein erhöhter Spandruck, der ein Brechen des Bohrers zur Folge haben kann.
Wichtig ist, das Kernloch exakt senkrecht zu bohren, andernfalls kann der Gewindebohrer beim Hineinschrauben brechen.
Am besten eignet sich dafür eine Tischbohrmaschine. Idealerweise körnert man die Bohrstelle vorher mithilfe eines Körners an.
Dadurch rutscht der Kernlochbohrer nicht so schnell ab. Nach dem Bohren folgt das Senken.
Indem man den oberen Rand des Kernlochs absenkt, entsteht ein sauberer Ansatz, der einen deutlich besseren Anschnitt mit dem Gewindebohrer ermöglicht.
Im nächsten Schritt geht es ans Gewindeschneiden. Hierfür setzt man den Gewindebohrer entweder in die Maschine oder ins Windeisen ein.
Werden Vorschneider, Mittelschneider und Fertigschneider genutzt, kommen diese der Reihe nach zum Einsatz.
Die Werkzeuge sollten langsam, gleichmäßig, mit leichtem Druck und im Uhrzeigersinn in das Loch geschraubt werden.
Empfehlenswert ist es, jeden Bohrer alle ein bis drei Umdrehungen ein Stück weit zurückzudrehen, damit der Span bricht und das Gewinde exakt ausgearbeitet werden kann
Beim Kauf von Gewindebohrern sind einige Faktoren zu berücksichtigen. Dazu zählt beispielsweise der Antrieb. Wenn Sie planen, ein Windeisen zu benutzen, müssen Sie zu Handgewindebohrern greifen. Für die Verwendung mit einem Akkuschrauber oder einer Bohrmaschine greifen Sie zu Maschinengewindebohrern. Diese sind die richtige Wahl, wenn man viele Gewinde schneiden möchte, wohingegen Handgewindebohrer sich besser für den gelegentlichen Bedarf eignen.
Wichtig zu wissen ist, welchen Gewindetyp der Bohrer aufweisen soll. Die gängigsten Gewindetypen im europäischen Raum sind metrische ISO-Gewinde und metrische ISO-Feingewinde. Metrische ISO-Gewinde sind weltweit standardisiert und zählen zu den meistgenutzten Gewinden überhaupt. Sie unterscheiden sich von metrischen ISO-Feingewinden im Hinblick auf das Gewindeprofil. Feingewinde sind enger profiliert, wodurch sie mehr Zugkraft übertragen können.
Des Weiteren ist zu überlegen, ob Gewindebohrer unterschiedlicher Größen erforderlich sind. Es muss nicht gleich ein mehrteiliges Bohrer-Set sein. Für manche Anwendungen kann ein einzelner Gewindebohrer schon vollkommen ausreichen. Aus welchem Material ein Gewindebohrer bestehen sollte, hängt davon ab, in welchen Werkstoff man schneidet. Bohrer aus Schnellarbeitsstahl (HSSE-Co 5) können beispielsweise in rostfreien Stahl und Bronze schneiden.
Unser Praxistipp: Schneidöl verwenden
Beim Gewindebohren ist die Verwendung von Bohr- und Schneidöl sehr empfehlenswert. Das Werkzeugöl reduziert die beim Bohren und Schneiden entstehende Reibung, so dass der Gewindebohrer besser ins Material dringt und nicht so leicht steckenbleiben oder abbrechen kann. Indem das Öl als Schmiermittel fungiert, ermöglicht es eine höhere Schnittgeschwindigkeit. Zudem erhöhen sich die Standzeit und die Lebensdauer der Werkzeuge. Schneidöl ist als Tropföl oder leicht anwendbares Spray erhältlich und wird vor dem Einsatz direkt auf den Gewindebohrkopf und das Werkstück gegeben.
Kann ich einen Hand-Gewindebohrer mit einer Maschine betreiben und einen Maschinen-Gewindebohrer mit einem Windeisen?
Das ist im Regelfall nicht möglich, da die Schäfte der Bohrer unterschiedlich gestaltet sind und daher einander nicht ersetzen können. Hand-Gewindebohrer sind üblicherweise mit einem genormten Vierkant-Schaft ausgestattet, der zu gängigen Windeisen und Werkzeughaltern passt. Maschinen-Gewindebohrer verfügen dagegen meist über einen Sechskant-Schaft.
Was ist ein Schneideisen?
Das Schneideisen dient der Herstellung von Außengewinden und stellt das Gegenstück zum Gewindebohrer dar. Es hat die Form eines Zylinders und verfügt im Inneren über mindestens drei Schneiden. Wie beim Gewindebohrer sind die Schneiden eines Schneideisens gezahnt und tragen Span für Span ab. Die Späne gelangen in Hohlräume, die zwischen den Schneiden eingelassen sind, und werden auf diese Weise abgeführt. Zur Erzeugung eines Außengewindes ist kein vorgefertigter Bohrkanal, sondern ein Werkstück mit passendem Nenndurchmesser erforderlich. Auf dieses wird das Schneideisen rechtwinklig aufgesetzt und gedreht, wodurch sich die Schneiden am Material entlangarbeiten.
Was ist ein Gewindeformer?
Ein Gewindeformer ist einem Gewindebohrer nicht unähnlich, ermöglicht aber eine spanlose Herstellung von Innengewinden. Er wird in ein vorgefertigtes Bohrloch eingedreht und formt die Gewindestruktur, indem er das Material zur Seite drückt statt es herauszuschneiden.