Ratgeber
Lüfter mit Wärmerückgewinnung ermöglichen es, Wärmeenergie wieder nutzbar zu machen, um Ressourcen zu schonen und Heizkosten zu sparen. Sie spielen bei Neubauten und bei der energetischen Sanierung von Bestandsbauten eine wichtige Rolle. In unserem Ratgeber erfahren Sie, welche Verfahren zur Wärmerückgewinnung gebräuchlich sind, was für Lüftungssysteme unterschieden werden und worauf bei der Auswahl zu achten ist.
Lüftungsanlagen spielen beim Neubau von Energiespargebäuden und bei der energetischen Sanierung von Bestandsbauten eine wichtige Rolle. Sie sorgen für frische Luft in Innenräumen, um ein gutes Raumklima sicherzustellen und Gebäudeschäden aufgrund von Feuchte- und Schimmelbildung vorzubeugen. Im Vergleich zur klassischen Fensterlüftung bieten Lüftungsanlagen den Vorteil, dass keine hohen Wärmeverluste entstehen. Beim Lüften mit geöffneten Fenstern findet aufgrund des Unterschieds zwischen Innen- und Außentemperatur immer ein Luftaustausch statt. Kritisch ist das insbesondere während der Heizperiode, da dadurch wertvolle Heizluft nach draußen gelangt und nicht mehr nutzbar ist. Dasselbe passiert, wenn es undichte Stellen im Gebäude gibt, durch die warme Innenluft entweichen kann.
Um dem Verlust von Heizenergie durch Entweichen warmer Luft vorzubeugen, werden Neubauten dauerhaft luftundurchlässig gebaut, was nach dem bundesweit geltenden Gebäudeenergiegesetz (GEG) seit 1. November 2020 sogar vorgeschrieben ist. Die Installation von Lüftungsanlagen ist in dem Zusammenhang nicht nur aus Gründen des Energiesparens sinnvoll, sondern zur Aufrechterhaltung des Raumklimas auch notwendig, denn mit einer Fensterlüftung allein würde es kaum gelingen, eine gute Luftqualität zu erreichen. Man müsste mehrfach am Tag lüften, um in ausreichendem Maß verbrauchte Luft abzuführen und frische Luft zuzuführen, was sich in der Lebenswirklichkeit schwer abbilden lässt. Lüftungsanlagen stellen die Lüftung im Inneren von Gebäuden sicher und tragen zum Schutz der Bausubstanz durch das Abführen von Feuchtigkeit bei.
Einen Schritt weiter gehen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Sie sind nicht nur für frische Luft zuständig, sondern können mithilfe intelligenter Technik einen erheblichen Teil der Wärme in der Raumluft recyceln und für Heizzwecke zur Verfügung stellen. Mit anderen Worten: Lüfter mit Wärmerückgewinnung ermöglichen eine Wiedernutzbarmachung von Wärme, die bereits vorhanden ist. Das hilft dabei, Energie zu sparen, in der Folge Heizkosten zu senken und Ressourcen zu schonen, was der Umwelt zugutekommt. Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung werden in Wohnhäusern, Unternehmensgebäuden, öffentlichen Einrichtungen wie Schulen und Kitas, Praxen, Supermärkten und so fort bereits vielfach genutzt und sind auch im industriellen Bereich von großem Nutzen. Gerade bei industriellen Prozessen entstehen große Mengen heißer und teils feuchter Abluft, die viel Potenzial zur Energierückgewinnung bietet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, Prozesse energiesparender zu gestalten.
Das Prinzip der Wärmerückgewinnung beruht im Wesentlichen darauf, dass Wärmeenergie, die in verbrauchter Luft (Abluft) enthalten ist, entzogen wird, um sie zum Aufheizen frischer Luft (Zuluft) zu verwenden. Diese Aufgabe übernimmt in den meisten Fällen ein Wärmeübertrager. Er entzieht der Abluft thermische Energie und überträgt sie auf die hereinströmende Zuluft bzw. Außenluft, so dass sie weniger stark aufgewärmt werden muss, was wiederum Heizenergie spart. Es gibt mehrere Verfahren der Wärmerückgewinnung. Zu unterscheiden sind im Wesentlichen die rekuperative und die regenerative Methode.
Rekuperative Wärmerückgewinnung
Bei der rekuperativen (lat. recuperare „wiedererlangen“) Rückgewinnung werden die Abluft und die Zuluft in separierten Kanälen aneinander vorbeigeführt. Durch die Trennung der Luftströme kann kein Luftaustausch stattfinden, so dass Aerosole und feste Partikel nicht übertragen werden können. Das ist besonders dann von Vorteil, wenn hohe Hygienestandards eingehalten werden sollen, wie es beispielsweise im Lebensmittel-, Krankenhaus-, Labor- und Pharmabereich häufig der Fall ist.
Für die Übertragung der thermischen Energie sind sogenannte Rekuperatoren zuständig. Dabei handelt es sich in erster Linie um Plattenwärmeübertrager, seltener um Rohrbündelwärmeübertrager. Plattenwärmeübertrager bestehen aus Kassetten mit mehreren Platten aus Metall und haben Kammern, in die warme Abluft und kalte Frischluft separat geleitet werden. Rohrbündelwärmeübertrager setzen sich dagegen aus einer größeren Anzahl an Rohren von geringem Durchmesser zusammen, die in einem Stahlblechzylinder angeordnet sind. Hier fließt ein Luftstrom durch den Zylinder und der andere durch die Rohre.
Bei beiden Arten von Rekuperatoren können die Luftströme als Gleichstrom (nebeneinander in dieselbe Richtung), als Kreuzstrom (Richtungen kreuzen sich) oder als Gegenstrom (strömen entgegenkommend aneinander vorbei) geführt werden. Kombinationen in Form von Kreuz-Gegenstrom-Wärmeübertragern, die entgegengesetzt aneinander vorbeiströmen und sich immer wieder kreuzen, sind ebenfalls gebräuchlich.
Regenerative Wärmerückgewinnung
Bei der regenerativen (lat. regenerare „wieder erzeugen“) Wärmerückgewinnung wird im Gegensatz zur rekuperativen Methode mit einem Wärmespeicher gearbeitet, der die thermische Energie der Abluft vorübergehend aufnimmt und an die Zuluft abgibt, um diese aufzuheizen. Der Zwischenspeicher wird auch Regenerator genannt und kann als fester oder flüssiger sowie fixierter oder beweglicher Körper realisiert sein. In vielen Fällen handelt es sich um einen Wärmespeicher aus Keramik, der wabenförmig aufgebaut ist und dadurch viel thermische Energie zwischenspeichern kann, was die Wärmerückgewinnung besonders effizient macht. Ein Ventilator sorgt dafür, dass Abluft und Zuluft in wechselnden Intervallen am Wärmespeicher entlanggeführt werden, damit die thermische Energie kontinuierlich aufgenommen und wieder abgegeben werden kann. Vorteilhaft an der regenerativen Wärmerückgewinnung ist, dass sie auch in umgekehrter Richtung funktioniert. Das heißt, sie kann zum Kühlen von Innenräumen genutzt werden, wenn es draußen heiß ist. Bei der rekuperativen Methode ist das nicht möglich. Des Weiteren werden im Gegensatz zum rekuperativen Verfahren die Luftströme nicht voneinander getrennt. Auf diese Weise kann beispielsweise trockene Frischluft mit rückgewonnener Feuchtigkeit rehydriert werden. Gelten jedoch strenge Hygieneanforderungen, eignet sich dieses Verfahren weniger.
Nicht unerwähnt bleiben soll die Wärmerückgewinnung mittels Wärmepumpe, denn so ein Gerät kann ebenfalls thermische Energie aus Abluft beziehen. Die Methode empfiehlt sich vor allem dann, wenn die Wärmepumpe als alleiniges Heizsystem genutzt wird. Vorteilhaft ist, dass Wärmepumpen technisch bedingt imstande sind, das Temperaturniveau der thermischen Energie zu erhöhen und sie für die Heizung oder Warmwasseraufbereitung zu nutzen.
Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung können zentral oder dezentral ausgeführt sein. Zentrale Lüftungsanlagen sind für die Versorgung ganzer Gebäude vorgesehen und dementsprechend in der Lage, einen konstant hohen Luftvolumenstrom zu erzeugen. Die Räume werden über ein verzweigtes System von Lüftungsrohren und mithilfe von Ventilatoren mit Zuluft versorgt. Die einzelnen Luftleitungen sind mit einem zentralen Lüftungsgerät verbunden, das mit einem Wärmeübertrager ausgestattet ist, der die thermische Energie aus der Abluft auf die Zuluft überträgt. Üblicherweise beruhen zentrale Lüftungssysteme auf dem rekuperativen Verfahren der Wärmerückgewinnung, Zu- und Abluft sind also voneinander getrennt. Die Montage zentraler Lüftungsanlagen ist aufwendig, weil das Luftverteilsystem komplex aufgebaut ist und im Regelfall in der Decke oder im Fußboden verlegt wird. Das setzt auch ein gewisses Platzangebot voraus. Zentrale Lüftungsanlagen kommen deshalb eher für Neubauten oder bei energetischen Sanierungen von Bestandsgebäuden in Frage.
Dezentrale Lüftungsanlagen sind für die Belüftung einzelner Räume vorgesehen. Sie nutzen vorrangig regenerative Verfahren zur Wärmerückgewinnung, d.h. Zu- und Abluft sind nicht voneinander getrennt. In hygienisch sensiblen Bereichen finden sie daher weniger Anwendung, dafür aber im Bereich der Wohnraumlüftung sowie in Unternehmensgebäuden und Betriebsstätten, die keine strengen Hygieneauflagen erfüllen müssen. Statt eines zentralen Lüftungsgeräts gibt es mehrere dezentrale Lüftungsgeräte, die in den Räumen installiert werden können, in denen man sie braucht. Dementsprechend gibt es kein komplexes Kanalsystem, das verlegt werden muss. Die Installation von dezentralen Lüftungssystemen ist daher deutlich einfacher, so dass auch ein Nachrüsten von Bestandsbauten damit problemlos möglich ist. Zudem ist der Wirkungsgrad einer dezentralen Lüftungsanlage sehr hoch, da die zurückgelegten Wege relativ kurz sind.
Geht es um die Anschaffung einer Wärmerückgewinnungsanlage, stellt sich zunächst einmal die Frage, ob es ein zentrales oder dezentrales Lüftungssystem sein soll. Das hängt maßgeblich vom Anwendungszweck und den individuellen Anforderungen der Umgebung ab. So muss eine Wohnraumlüftung mitunter andere Kriterien erfüllen als eine Industrielüftung. Für das Nachrüsten einzelner Räume oder Bestandsbauten sind dezentrale Lüfter meist eine gute Wahl. Sie sind einfach zu montieren und punkten mit einem hohen Wirkungsgrad, so dass die thermische Energie optimal genutzt werden kann. Wird eine Lösung für ein Lüftungskonzept eines kompletten Gebäudes bzw. Neubaus gesucht, ist eine zentrale Anlage empfehlenswert. Hier kann der nötige Platzbedarf schon bei der Planung mitberücksichtigt werden. Dasselbe gilt, wenn ein Gebäude saniert werden muss und ohnehin gewisse Umstrukturierungen notwendig sind.
Ein Vorteil zentraler Lüftungen, die für Neubauten geplant werden, ist außerdem, dass der Schallschutz mitbedacht werden kann. Die Lautstärke bzw. Geräuschemission von Wärmerückgewinnungsanlagen sollte nämlich nicht unterschätzt werden. Wird die Anlage im Heizkeller untergebracht, ist der Geräuschpegel nicht so relevant. Handelt es sich jedoch um Lüfter, die in frequentierten Räumen angebracht werden, etwa in Großraumbüros, sollte die Lautstärke 20 dB bei 50% Luftleistung nicht überschreiten, um eine störende Geräuschkulisse zu vermeiden. Empfehlenswert ist zudem die Integration von Filtern zur Bereinigung der Außenluft. Gerade in Gebäuden, in denen viele Menschen zusammenkommen, kann eine Filterung von Aerosolen, Pollen, Hausstaub und dergleichen sinnvoll und mitunter sogar vorgeschrieben sein.
Zentrale und dezentrale Lüfter arbeiten im Regelfall sehr effizient. Bei hochwertigen Anlagen kann man durchaus mit einer Rückgewinnung von 90 bis 93% der in der Abluft enthaltenen Energie rechnen. Wichtig ist aber auch, dass die Luftleistung richtig dimensioniert ist. Um diese einschätzen zu können, müssen die Grundfläche des Raums, die Frequenz an Luftwechseln pro Stunde und die Menge an Menschen, die sich in dem Raum aufhalten, berücksichtigt werden. Je größer der Raum, je größer die Personenzahl und je häufiger ein Luftaustausch stattfindet, desto mehr Luftleistung ist gefordert.
Neben technischen Parametern spielen Handhabbarkeit und Möglichkeiten der Steuerung eine bedeutende Rolle. Lüfter mit Wärmerückgewinnung können normalerweise in mehreren Leistungsstufen eingestellt und per Fernbedienung, Schalter oder Display bedient werden. Eine Fernbedienung ist praktisch, weil sie eine Steuerung aus der Distanz ermöglicht, denn üblicherweise werden Lüftungssysteme in einer gewissen Höhe angebracht und sind nicht ohne Weiteres erreichbar. Auch eine Einbindung ins Smart Home ist bei vielen Lüftern möglich, was für zusätzlichen Bedienkomfort sorgt und unerlässlich ist, wenn eine vollständige Gebäudeautomatisierung geplant ist.
Prüfen Sie, ob es für Ihren Bedarf bundesweite oder regionale Programme zur finanziellen Förderung gibt, die Sie beantragen können, um die Anschaffung und den Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung subventionieren zu lassen. Für gewerbliche Gebäude ist die Förderung einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle möglich. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wiederum fördert energieeffiziente Lüftungsanlagen als Einzelsanierungsmaßnahme oder als energetische Komplettsanierungsmaßnahme.
Eignen sich dezentrale Lüftungen nur für Bestandsbauten?
Nein, dezentrale Lüftungen können auch problemlos in Neubauten integriert werden. Das empfiehlt sich beispielsweise bei Mehrfamilienhäusern, in denen die Parteien keinen eigenen Hausanschlussraum haben.
Aus welchen Bestandteilen besteht eine dezentrale Wohnraumlüftung?
Eine dezentrale Wohnraumlüftung besteht üblicherweise aus mehreren Paarlüftern, Einzellüftern und Abluftgeräten. Jedes Gerät ist zudem mit einem Wärmeübertrager, einem Ventilator und einem Filter ausgestattet.
Entsteht bei einer automatisierten Lüftung Zugluft?
Handelt es sich um eine normale Wohnungslüftung, tritt üblicherweise keine Zugluft auf – zumindest nicht in störendem Maß. Es kann allerdings sein, dass man in unmittelbarer Nähe zu den Lüftungsöffnungen eine Luftbewegung bemerkt. Deswegen sollte die Lüftung sinnvoll platziert werden.
Was ist der Unterschied zwischen einem Wärmeübertrager und einem Wärmetauscher?
Im Zusammenhang mit Wärmerückgewinnung wird anstatt von Wärmeübertragern häufig von Wärmetauschern gesprochen. Das ist jedoch irreführend, denn die Wärme wird nicht gegen etwas anderes getauscht. Stattdessen wird thermische Energie der warmen Abluft auf die kalte Zuluft übertragen. Die korrekte Bezeichnung lautet also Wärmeübertrager und nicht Wärmetauscher.