Ratgeber
Messschieber kommen überall dort zum Einsatz, wo die Präzision eines Gliedermaßstabs nicht ausreicht. Sie messen Innen- und Außenmaße mit einer Genauigkeit von bis zu 0,01 mm und können mitunter auch zur Stufen- und Tiefenmessung verwendet werden. Insbesondere im Handwerks- und ambitionierten Heimwerksbereich sind Messschieber hilfreiche Werkzeuge. In unserem Ratgeber erfahren Sie, welche Ausführungen es gibt und worauf beim Kauf zu achten ist.
Bei Messschiebern handelt es sich um Werkzeuge zur präzisen Bestimmung von Innen- und Außenmaßen. Sie sind vornehmlich zur Messung von Längen und Abständen vorgesehen, mitunter aber auch in der Lage, Stufen- und Tiefenmaße zu ermitteln. Durchmesser von Gewinden und ähnlichen Bauteilen können damit ebenfalls bestimmt werden. Äußerlich erscheinen Messschieber wie komplex aufgebaute Lineale. Sie bestehen im Wesentlichen aus zwei Messschenkeln, die zueinander- oder auseinandergeschoben werden können. Um beispielsweise eine Längenmessung durchzuführen, wird der eine Messschenkel am Anfang des Werkstücks angesetzt, während der andere Messschenkel ans Ende geschoben wird, bis er bündig damit abschließt. Anschließend kann auf einer Skala oder einem digitalen Display der Längenwert abgelesen werden.
Messschieber kommen immer dann zum Einsatz, wenn es auf ein exaktes Ausmessen ankommt und Gliedermaßstäbe nicht die erforderliche Genauigkeit liefern. Sie werden sowohl im professionellen Handwerk als auch im ambitionierten Heimwerkerbereich verwendet, beispielsweise beim Holz- und Möbelbau, beim Maschinenbau oder bei der Metallverarbeitung. Darüber hinaus zählen Messschieber zu wichtigen Werkzeugen bei der Schmuckherstellung, indem sie dabei helfen, die Materialstärke oder Werkstückdicke zu bestimmen. Aufgrund ihrer vielseitigen Einsatzmöglichkeiten zählen Messschieber zu den meistgenutzten Messwerkzeugen. Es gibt analoge und digitale Messschieber sowie Sonderausführungen für spezielle Einsatzbereiche.
Messschieber sind im Wesentlichen in drei Bauarten erhältlich. Unterschieden werden Messschieber mit Nonius und Uhren-Messschieber, die zu den mechanischen bzw. analogen Ausführungen zählen, sowie digitale Messschieber, bei denen die Messergebnisse nicht ermittelt oder auf einer Skala abgelesen werden müssen, sondern auf einer LCD-Anzeige erscheinen. Wir stellen Ihnen die drei Typen von Messschiebern näher vor.
Nonius-Messschieber
Nonius-Messschieber sind die Klassiker unter den Messschiebern. Ein Nonius ist ein mechanisches Bauteil in Gestalt einer beweglichen Längenskala, die es ermöglicht, bis auf einen Millimeterbruchteil genaue Messungen vorzunehmen. Zwar bieten Nonius-Messschieber keine ganz so hohe Präzision wie Uhren- und digitale Messschieber, mit einer Messgenauigkeit zwischen 0,1 und 0,05 mm sind sie aber für viele Aufgaben vollkommen ausreichend. Das Ablesen bedarf allerdings etwas Übung, ein gutes Auge und Rechengeschick. Der große Vorteil von Messschiebern mit Nonius ist ihre robuste Beschaffenheit. Insbesondere Monoblock-Messschieber aus rostfreiem Stahl haben bei guter Pflege eine extrem hohe Lebensdauer. Selbst günstigere Messschieber aus verchromtem Kohlenstoffstahl leisten mitunter jahrzehntelang gute Dienste. Spritz- und Strahlwasser können solchen Werkzeugen nichts anhaben. Grundsätzlich sind Nonius-Messschieber relativ günstig in der Anschaffung und eine gute Wahl für gelegentliche Messungen.
Uhren-Messschieber
Uhren-Messschieber arbeiten ebenfalls analog und liefern bei richtiger Anwendung Messergebnisse höchster Präzision. Sie sind deutlich einfacher zu handhaben als Messschieber mit Nonius, da sie mit einem leicht ablesbaren Ziffernblatt ausgestattet sind. Dabei handelt es sich um eine Rundskala, auf der Messwerte mit einer Genauigkeit von einem hundertstel Millimeter (0,01 mm) dargestellt werden können. Die meisten Messschieber mit Messuhr verfügen über ein Feststellrädchen, mit dem die Skala an jeder beliebigen Stelle auf null gestellt werden kann. Dadurch ist es möglich, Differenzmessungen durchzuführen. Zu bedenken ist, dass Uhren-Messschieber aufgrund ihres kleinteiligen Aufbaus aus Zahnrädern und -stangen empfindlicher gegenüber mechanischen Einwirkungen, Schmutz und Staub sind als Nonius-Messschieber. Eine gute Pflege und sorgsame Aufbewahrung sind hier also Pflicht.
Digitale Messschieber
Digitale Messschieber waren früher deutlich teurer als analoge Schieber, das hat sich jedoch relativiert, weshalb sie heute im Hand- und Heimwerksbereich standardmäßig genutzt werden. Digitale Messschieber bieten eine Messgenauigkeit von bis zu 0,01 mm und messen damit nicht präziser als Uhren-Messschieber, sie sind aber einfacher abzulesen. Die Werte werden übersichtlich auf einem digitalen Display dargestellt und lassen sich somit auf einen Blick erfassen. Parallaxen- und andere Ablesefehler können gar nicht erst entstehen. Dadurch sind Messschieber mit digitaler Anzeige auch für Ungeübte gut geeignet. Wie bei Uhren-Messschiebern ist bei digitalen Messschiebern eine Nullstellung an jeder Position möglich. Über eine ABS-Funktion (Absolut-Funktion) kann die letzte Nullstellung beim Abschalten sogar gespeichert werden.
Hinzu kommen weitere praktische Features: So lassen sich Messungen sichern oder Maßeinheiten einfach vom metrischen System (Zentimeter) auf das angloamerikanische System (Inch/Zoll) umstellen. Viele digitale Messschieber bieten eine Schnittstelle, über die die Messdaten ausgelesen und direkt am Computer weiterverarbeitet werden können. Das spart Zeit und Aufwand für manuelles Übertragen und erleichtert beispielsweise das Erstellen von Statistiken für die Qualitätssicherung. Ein Nachteil ist die Abhängigkeit der Geräte von der Stromversorgung, so dass neue Batterien immer vorrätig sein sollten. Zudem sind digitale Messschieber empfindlich in Bezug auf Feuchtigkeit und mechanische Einwirkungen (Stöße, Stürze etc.). Sie haben daher eine tendenziell kürzere Lebensdauer, wobei diese immer noch bei mehr als zehn Jahren liegen kann.
Vor- und Nachteile von Nonius-, Uhren- und digitalen Messschiebern im Überblick
Nonius-Messschieber | Uhrenmessschieber | Digitaler Messschieber | |
---|---|---|---|
Hohe Mess-genauigkeit | +++ | +++ | +++ |
Komfortables Ablesen | - | ++ | +++ |
Langlebigkeit / Robustheit / Wasser-unempfindlichkeit | +++ | ++ | - |
Flexible Nullstellung möglich | - | +++ | +++ |
Speicherung von Messdaten oder Nullstellung | - | - | +++ |
Unabhängig von Stromversorgung | +++ | +++ | - |
Einfaches Umstellen der Maßeinheiten | - | - | +++ |
Direkte Übertragung der Messdaten an Computer | - | - | +++ |
Bei einem digitalen Messschieber reicht ein kurzer Blick auf das Display, wenn man den Wert einer Messung in Erfahrung bringen möchte. Bei einem Uhren-Messschieber ist der Messwert ebenfalls sehr leicht abzulesen. Nur bei einem Nonius-Messschieber mit beweglicher Längenskala muss man schon genauer hinsehen, um den exakten Messwert ablesen zu können.
Die meisten Nonius-Messschieber bieten zwei unterschiedliche Skalen zum Ablesen des Messwertes. Die untere Skala zeigt den Wert in Zentimetern an, während die obere Skala den Wert in Inch oder Zoll anzeigt. Die relevanten Ablesemarken für beide Skalen sind jeweils die „0“ auf dem verschiebbaren Teil des Messschiebers.
Messwert in Zentimeter ablesen
Im nebenstehenden Beispielbild nehmen wir Bezug auf die untere Nonius-Skala (mm) und die unmittelbar darüberliegende Hauptskala (cm). Zur Orientierung: Die Vorkommastelle des Messwerts (links vom Nullwert des Nonius) liest man auf der Hauptskala ab, die Nachkommastelle (rechts vom Nullwert) wird auf dem Nonius abgelesen. Die Ablesemarke „0“ des Nonius liegt zwischen den Teilstrichen für 3 mm und 4 mm auf der Hauptskala. Also liegt der Messwert irgendwo zwischen 3 und 4 mm. Um nun den genauen Wert zu ermitteln, muss man auf dem Nonius weiter nach rechts blicken. Dabei werden erst einmal nicht die Zahlenwerte, sondern nur die Teilstriche betrachtet. Denn man muss auf dem Nonius einen Teilstrich finden, der exakt unter einem Teilstrich der Hauptskala liegt und diesen quasi verlängert. In unserem Beispielbild deckt sich der Teilstrich zwischen 5 und 6 auf dem Nonius mit einem Strich auf der Hauptskala (siehe rote Markierung). Das entspricht einem Wert von 5,5. Da es sich um die Nachkommastelle handelt, wird das Komma zurückversetzt (0,55). Der Messschieber zeigt also einen Gesamtwert von 3,55 mm an.
Messwert in Zoll ablesen
Die Ablesung in Zoll erfolgt nach demselben Schema. Relevant sind hier der obere Nonius und die unmittelbar darunterliegende Hauptskala auf dem Beispielbild. Jeder Teilstrich der Hauptskala entspricht 1/16 Zoll. Die „0“ des Nonius steht nach dem Teilstrich für 2/16 Zoll auf der Hauptskala. Um den exakten Wert zu erhalten, blicken wir weiter nach rechts auf dem Nonius und suchen den Teilstrich, der sich am besten mit einem Teilstrich auf der Hauptskala deckt. Das ist beim Wert „2“ der Fall (siehe blaue Markierung), denn von Bedeutung ist hier wieder der Wert auf dem Nonius. Dementsprechend kommen zu den 2/16 Zoll oder 16/128 Zoll noch 2/128 Zoll hinzu (das Verhältnis des Nonius zur Hauptskala beträgt 1/128). Der Messwert beträgt also 18/128 Zoll oder 9/64 Zoll, was umgerechnet 3,571 mm ergibt.
Beim Ablesen ist sehr wichtig, immer genau senkrecht – also im rechten Winkel – auf die Skalen zu schauen. Blickt man schräg oder seitlich auf die Teilstriche, erscheinen sie verschoben, was zu verfälschten Ablesewerten führt. In dem Zusammenhang spricht man vom sogenannten Parallaxenfehler.
Messschieber werden in unterschiedlichen Größen und für spezifische Anwendungsbereiche angeboten. So gibt es beispielsweise Crimp-Messschieber mit speziellen Messflächen zur Bestimmung von Crimphöhen und -breiten sowie Bremsscheiben-Messschieber, mit denen man den Durchmesser von Bremsscheiben messen und daraus mögliche Verschleißerscheinungen ableiten kann. Sonderausführungen sind im Scheckkartenformat realisiert, wie man es von Reifenprofilmessern kennt.
Nach DIN 862 werden offiziell fünf Formen von Messschiebern differenziert: A1, B, C, D und E. Wir geben Ihnen einen Überblick, was genau die jeweiligen Typen auszeichnet.
Form A1: Messschieber der Form A1 werden alltagssprachlich als Taschen-Messschieber bezeichnet, weil sie sich durch ein besonders handliches Format auszeichnen und für den mobilen Einsatz geradezu prädestiniert sind. Sie können dazu verwendet werden, Innen-, Außen- und Tiefenmaße in einem Messbereich von bis zu 160 mm zu bestimmen.
Form B: Messschieber der Form B haben schneidenförmige Messflächen, die zur Erfassung von Außenmaßen dienen. Sie kommen insbesondere bei der Herstellung von Schneidwerkzeugen zum Einsatz und eignen sich zum Messen von Formen und Einstichen.
Form C: Messschieber der Form C sind Tiefenmessschieber. Sie sind speziell für die Bestimmung von Tiefenmaßen konzipiert und zu diesem Zweck mit einer Tiefenmessstange ausgestattet. Mithilfe dieser Werkzeuge kann man beispielsweise die Tiefe von Bohrungen, Schlitzungen, Absätzen von Werkstücken, Stufen und dergleichen ermitteln. Manche Modelle eignen sich auch dazu, Nutenbreiten zu messen.
Form D: Kennzeichnend für Messschieber der Form D sind schneidenförmige Messflächen, die sich kreuzen. Sie dienen der Bestimmung von Innenmaßen ab 10 mm.
Form E: Messschieber der Form E sind für die Erfassung von Innen- und Außenmaßen geeignet. Sie werden auch als Werkstatt-Messschieber bezeichnet und sind für einen Messbereich von 500 bis 2000 mm vorgesehen. Dadurch können sie auch zum Messen größerer Bauteile verwendet werden.
Messschieber liefern präzise Ergebnisse – allerdings nur bei korrekter Anwendung. Vor der Messung ist sicherzustellen, dass das Messstück und die Messflächen trocken und sauber sind. Außerdem dürfen die Messflächen keine Grate aufweisen. Jede Unregelmäßigkeit oder Verschmutzung kann zu verfälschten Ergebnissen führen. Das gleiche gilt für schlechte Lichtbedingungen, insbesondere, wenn es sich um analoge Messschieber handelt, die mit bloßem Auge abgelesen werden. Der Arbeitsplatz sollte daher gut ausgeleuchtet sein. Achten Sie darauf, das Messwerkzeug nur bei optimaler Referenztemperatur (20 °C) zu kalibrieren.
Beim Anlegen der Messschenkel ist darauf zu achten, keine oder möglichst wenig Kraft aufzuwenden. Übt man Druck auf das Gerät aus, führt das nicht nur bei weichen, sondern auch bei harten Werkstücken zu verfälschten Ergebnissen. Bei einer Tiefenmessung muss der Messschieber senkrecht und zur tiefsten Stelle hinab gesenkt werden. Löcher, Bohrungen, Fugen und andere Vertiefungen sollten vor der Messung gereinigt oder ausgeblasen werden, um Staub und Schmutz zu entfernen.
Beim Kauf eines Messschiebers ist zunächst zu klären, welchen Zweck das Messwerkzeug erfüllen soll. Benötigen Sie einen praktischen Allrounder für zu Hause, einen Präzisions-Messschieber für den professionellen Einsatz oder vielleicht sogar ein Sondermodell für Spezialaufgaben? In die Vorüberlegung sollte miteinfließen, unter welchen Bedingungen das Messgerät perspektivisch genutzt wird. Generell gilt es beim Kauf von Messschiebern auf Qualität und eine einwandfreie Verarbeitung zu achten. Messschieber aus Kunststoff sind meist günstig und haben ein geringes Eigengewicht. Außerdem bieten sie den Vorteil, dass sie empfindliche Oberflächen nicht zerkratzen und sich auch zum Ausmessen elektronischer Bauteile eignen. Messschieber aus Stahl punkten dagegen mit einem geringeren Verschleiß und einer längeren Haltbarkeit.
Ebenfalls wichtig zu wissen ist, wie präzise die Messungen sein sollen und in welchem Längen- oder Tiefenbereich überhaupt gemessen wird. In dem Zusammenhang spielen die Messgenauigkeit und der Messbereich eine große Rolle. Der Messbereich gibt vor, wie groß die zu messenden Werkstücke sein dürfen. Standard-Messschieber sind für einen Messbereich bis 150 oder 200 mm ausgelegt, es werden aber auch kleinere Ausführungen mit einem Messbereich bis 100 mm angeboten. Zum Messen großer Bauteile und Komponenten können Modelle mit einem Messbereich bis 3000 mm angefertigt werden. Solche Sondergrößen benötigt man unter anderem im Fahrzeug- und Fensterbau. Darüber hinaus sind Spezialschieber erhältlich, deren Messbereich ihren jeweiligen Aufgaben angepasst ist. So haben Messschieber zur Fasenmessung einen Messbereich von nur wenigen Millimetern. Bei der Feinmetallbearbeitung und Schmuckherstellung kommen häufig Schieber mit einem Messbereich von bis zu 25 mm zum Einsatz.
Ein häufiger Fehler bei der Anwendung von Messschiebern ist, dass das Werkzeug nicht richtig angelegt wird. Achten Sie darauf, das Werkstück nicht nur mit den Spitzen der Schenkel zu messen, sondern es möglichst weit in deren Mitte und dicht ans Lineal zu bewegen. So vermeiden Sie Messwertschwankungen.
Gibt es einen Unterschied zwischen Messschiebern und Schieblehren?
Messschieber werden gelegentlich als Schieblehren bezeichnet. Das ist jedoch nur unter einer bestimmten Voraussetzung korrekt. Ein Messschieber ist in erster Linie ein Messwerkzeug, wohingegen eine Schieblehre dazu dient, einen festgelegten Wert zu reproduzieren bzw. ein Maß zu übertragen. Das kann ein Messschieber nur, wenn er mit einer Feststellschraube zur Fixierung des Messkopfes ausgestattet ist. Genau genommen darf ein Messschieber also erst dann als Schieblehre bezeichnet werden, wenn er einen fixen Wert übertragen kann.
Gibt es Messschieber für Linkshänder?
Ja. Sowohl für Linkshänder als auch für Rechtshänder werden geeignete Messschieber angeboten.