Ratgeber
RC Segelflugzeuge – mit Wind und Thermik um die Wette fliegen
Modellbau und insbesondere Modellflug ist ein ausgesprochen interessantes Hobby. Doch nicht nur das, es gibt bei den Flugmodellen auch viele unterschiedliche Facetten.
Während ein Modellpilot von der ausgeklügelten Mechanik eines Modellhubschraubers fasziniert ist, begeistert sich der nächste für die unbändige Kraft eines Kunstflugmodells. Andere hingegen schwören auf den leisen und unkomplizierten Antrieb eines RC-Elektroflugmodells.
Modellpiloten, die ein ferngesteuertes Segelflugzeug fliegen, genießen das Spiel mit dem Wind und der Thermik. Ohne Motorkraft und nur durch geschickte Flugmanöver so lange wie möglich oben bleiben heißt die Devise. Wir erklären Ihnen wie das funktioniert und wo die Unterschiede bei den Segelflugmodellen liegen.
Ebenso wie das große Vorbild zeichnet ein Modell-Segelflugzeug eine gute Gleitzahl aus. Die Gleitzahl sagt aus, wie weit ein Segler bei einem Höhenverlust von einem Meter fliegt. Um eine möglichst weite Strecke zu erreichen, müssen der Auftrieb der Tragflächen hoch und der Luftwiderstand klein sein.
Erreicht wird dieser Spagat durch Tragflächen mit einer hohen Streckung. Die Streckung beschreibt das Verhältnis von mittlerer Tragflügeltiefe und Spannweite. Deshalb haben Segelflugzeuge im Original und als Modell meistens sehr schlanke Flügel mit einer großen Spannweite.
Um die Verwirbelungen an den Flügelenden und somit auch den induzierten Widerstand zu reduzieren, werden Winglets genutzt. Winglets sind nach oben gebogene Flügelverlängerungen, die auch bei großen Verkehrsflugzeugen genutzt werden.
Ein weiterer Schritt in Richtung guter Gleitfähigkeit ist eine gewichtssparende Bauweise des Flugzeugs. In den Anfängen des manntragenden Segelflugs wurden deshalb leichte Holz- oder Stahlrohrgestelle als Rumpf genutzt und mit Stoff überspannt. Die Flügel wurden in Holm-/Rippenbauweise aus Holz erstellt und ebenfalls bespannt.
Heute werden bei den Originalen wie auch bei den Modellen leichte HighTec-Werkstoffe wie z.B. Glasfaserverstärkter-Kunststoff (GFK) und Carbonfaserverstärkter-Kunststoff (CFK) genutzt. Wenn der Rumpf, die Tragflächen und die Leitwerke des Segelflugzeugs aus GFK bestehen, spricht man auch von Voll-GFK. Auch wenn die jeweiligen Komponenten innen hohl sind.
Zum Teil werden die Bauweisen auch gemischt. Es gibt RC Segelflugzeuge mit GFK-Rumpf, die Tragflächen aus beplanktem Styropor aufweisen. Leichte und langsam fliegende Flugmodelle sowie Oldtimer-Segelflugmodelle werden nach wie vor noch gerne mit Balsaholz und Sperrholz aufgebaut. Zur Bespannung wird selbstklebende Bügelfolie oder Textilfolie genutzt. Alternativ dazu gibt es schon seit Jahren einen ungebrochenen Trend: In Formen geschäumte Modelle aus leichtem und elastischen Kunststoff.
Die beiden Buchstaben RC sind die Abkürzung für Radio Controlled. Die aus dem englischen Sprachgebrauch abgeleitete Bezeichnung steht für funkferngesteuert. Das bedeutet, der Pilot des Segelflugzeugs steuert sein Modell vom Boden aus per Funksignal.
Über Jahrzehnte hinweg war diese Funkverbindung immer unidirektional. Das bedeutet, es wurden immer nur Signale vom Fernsteuersender zum Modell übertragen.
Mit der aktuellen 2,4 GHz Fernsteuertechnik ist die Signalübertragung nun schneller und auch bidirektional. Das bedeutet, über den Rückkanal des Empfängers kann der Modellflugpilot am Boden wichtige Parameter wie Empfängerspannung oder Flughöhe am Display seines Senders abrufen. Allerdings müssen der Sender und der Empfänger diese Telemetrie-Funktion auch unterstützen.
Übrigens: Einige Hersteller bieten teilweise Freiflugmodelle ohne Fernsteuerung an. Diese Modelle weisen gute und ausgesprochen stabile Flugeigenschaften auf. Erfahrene Modellflieger machen sich deshalb den Spaß, diese Modelle in ferngesteuerte Exemplare umzubauen.
Speziell Einsteiger stellen sich diese Frage sehr häufig. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten ein Segelflugmodell aufsteigen zu lassen.
Doch egal, für welche Startmethode man sich später entscheidet, sollte man bei kleineren und leichten Segelflugzeugen zunächst einen kurzen Testflug machen. Dabei wird das Modell auf einer ebenen Grünfläche mit Schwung gegen den Wind abgeworfen.
Man sieht dann schnell, ob das Segelflugzeug gerade fliegt oder die Tendenz aufweist, in irgendeine Richtung auszubrechen. Erst wenn das Modell einen langgestreckten und geraden Gleitflug zum Landepunkt durchführt, können weitere Startmethoden für größere Flughöhen ausprobiert werden.
Handstart am Hang
Die wohl einfachste Methode ein RC Segelflugzeug zu betreiben ist der Hangflug. Allerdings benötigt man dazu ein ansteigendes Gelände, das vom Wind angeströmt wird.
Durch die natürliche Geländeform wird der Wind dann von unten nach oben abgelenkt. Wie gut dieser Hangaufwind ein Flugzeug trägt ist von der Geländeform, der Anströmrichtung und natürlich von der Windstärke abhängig.
Wenn die Bedingungen perfekt passen, kann man sich oben an den Hang stellen und das Segelflug-Modell mit einem sanften Schubs in den Hangaufwind frei geben. Bei günstigen Bedingungen können neben dem Hangaufwind auch gleichzeitig aufsteigende Warmluftblasen (Thermik) zum Fliegen genutzt werden.
Die besten Hangflugmöglichkeiten sind in den Bergen zu finden, wo viele Modellflieger aber auch manntragende Segelflugzeuge anzutreffen sind.
Hochstart
Wer keinen geeigneten Hang in der Nähe hat oder wenn der Wind nicht aus der richtigen Richtung weht, kann auch einen Hochstart durchführen. Dazu muss unten am Modell ein kleiner Haken angebracht werden. In diesen Haken wird der Ring einer Hochstartleine eingehängt.
Am anderen Ende der Hochstartleine kann ein Helfer loslaufen und das Modell gegen den Wind hochziehen. Wenn das vordere Ende der Hochstartleine am Boden befestigt wird und der Helfer eine Umlenkrolle zieht, verdoppelt sich die Zuggeschwindigkeit. Wer keinen Helfer hat, kann das Hochstartseil mit einem Schlauchgummi verbinden und so die nötige Energie für den Start erzeugen. Alternativ dazu werden auch Seilwinden mit Umlenkrollen genutzt. Mit einem leichten Segelflugmodell reichen schon Starthöhen von wenigen Metern, um dann mit Hilfe der Thermik weiter aufzusteigen.
Flugzeug-Schlepp
Der F-Schlepp ist die für den Zuschauer im Modellsport wohl interessanteste Art und Weise einen Segler zu starten. Wie bei den großen Vorbildern hängen auch die Modellflugpiloten ihre großen Segelflugmodelle an leistungsstarke Motorflugzeuge. Wenn das Motorflugzeug den Segler auf Ausklinkhöhe gebracht hat, löst der Pilot des Seglers die Schleppseil-Kupplung und beide Modelle können getrennt voneinander weiterfliegen.
Unser Praxistipp: Sicherer Erstflug mit großen Segelflugmodellen
Für große und schwere RC Segler ist ein Handstart nicht sinnvoll. In diesem Fall ist der F-Schlepp die sicherste Methode für den Erstflug des Segelflugmodells. Wichtig ist, dass der Pilot des Modellsegelfliegers sein Modell um die Längsachse waagerecht hält. Der Pilot des Schleppflugzeuges muss seine Fluggeschwindigkeit dem Segelflieger, den er schleppt, individuell anpassen. Zudem muss er größräumig fliegen und darf keine zu engen Kurven mit dem Schlepp-Modell machen. Dadurch kann das Seil kurzzeitig durchhängen und beim erneuten Anziehen reißen. Das Schleppseil ist im Idealfall immer auf Spannung.
Ein Segelflugmodell wird zunächst einmal genau so gesteuert, wie ein klassisches RC-Flugmodell. In unserem Flugmodell-Ratgeber haben wir die unterschiedlichen Steuerfunktionen genauer beschrieben.
Selbstverständlich hängt die Steuerung auch vom Segelflugmodell ab. Wenn das Modell nur über ein Seiten- und ein Höhenruder verfügt, bleibt die Querruder-Funktion am Sender ungenutzt. Das gleiche gilt auch für die Motorfunktion.
Wichtig bei der Steuerung eines Segelflugmodells ist, dass die Ruderausschläge im Flug so gering wie nötig gehalten werden. Denn je stärker die Ruderklappen ausschlagen, desto größer wird der Luftwiderstand. Die Flug-Geschwindigkeit wird geringer und das Modell verliert schneller Höhe. Die Notwendigkeit einer Richtungskorrektur muss also frühzeitig erkannt und entsprechend sanft durchgeführt werden.
Da die Startmethoden eines Segelflugmodells nicht immer einfach durchführbar sind, haben sich Elektro-Segelflugmodelle auf dem Markt etabliert. Ein E-Segler ist so gesehen ein Segelflugmodell mit Hilfsmotor.
In der Regel befindet sich in der Rumpfspitze ein leistungsstarker Elektromotor, der einen Klapp-Propeller antreibt. Die Energieversorgung erfolgt über einen LiPo Akku, der auch die Empfangsanlage mit Strom versorgt. In der Praxis hat es sich bewährt, wenn sich der Flugakku unter der Kabinenhaube befindet und dadurch leicht gewechselt werden kann.
Zwischen Akku und Motor befindet sich der Flugregler. Dieser ist ebenfalls am Empfänger angeschlossen. Dadurch ist es möglich, die Drehzahl des Motors per Fernsteuerung zu kontrollieren. Alternativ zum Antrieb in der Rumpfspitze gibt es auch Modelle, bei denen der Antrieb oberhalb der Tragfläche montiert ist.
Unser Praxistipp: Bremse am Flugregler aktivieren
Wenn der Elektrosegler mit einem Klapp-Propeller ausgerüstet ist, muss am Flugregler die Bremse aktiviert sein. Dadurch stoppt der Motor beim Ausschalten abrupt und der Propeller kann nach hinten abklappen. Ohne Bremse würde sich der Propeller auch bei abgeschaltetem Motor wie ein Windrad weiter drehen.
Per Fernsteuerung wird der Motor eingeschaltet und das Modell aus der Hand gestartet. Für den ersten Start ist es von Vorteil, wenn man einen Helfer zur Seite hat. Der Pilot stellt sich dann hinter oder neben den Starthelfer und blickt in die Startrichtung. Dadurch kann bereits unmittelbar nach dem Abwerfen eine Steuerkorrektur durchgeführt werden, falls es erforderlich sein sollte.
Im Idealfall wird das Modell durch die Motorkraft einen mehr oder weniger steilen Steigflug durchführen. Ist die gewünschte Flughöhe erreicht, wird der Elektromotor per Fernsteuerbefehl ausgeschaltet. Von nun an verhält sich der Elektrosegler wie ein Segelflugmodell.
Übrigens: Auch zum Hangfliegen werden gerne auch Elektrosegler genutzt. Denn sollte die Thermik oder der Hangaufwind nachlassen, hat man immer noch eine praktische „Heimkehrhilfe“ an Bord.
Was bedeutet ARF, RtF, PnP, BNF oder Bausatz?
Bei den von uns angebotenen Segelflugmodellen bzw. Elektroseglern verwenden die Hersteller oft allgemein übliche Abkürzungen. Dadurch sollen Käufer auf einen Blick erkennen, welchen Lieferumfang das Modell hat.
Zudem wird auch ersichtlich, welche RC Komponenten noch erforderlich sind und wie hoch der zu erwartende Arbeitsaufwand ist. Da aber nicht jeder Interessent genau darüber informiert ist, was diese Abkürzungen bedeuten, wollen wir sie kurz näher erläutern.
ARF
ARF steht im Modellbau für Almost Ready to Fly und bedeutet so viel, wie fast flugfertig. Die Segelflugmodelle sind noch nicht fertig zusammengebaut. Dennoch sind die meisten Arbeitsschritte bereits erledigt. Was genau noch zu tun ist und welche Zubehörkomponenten noch erforderlich sind, hängt vom jeweiligen Modell ab. Im Zweifelsfall hilft ein Blick in die Montageanleitung, in der alle erforderlichen Tätigkeiten und auch der Lieferumfang des Modells genau aufgelistet sind.
Wer noch nie ein ARF-Modell fertiggestellt hat, sollte sich die Hilfe und den Rat eines erfahrenen Modellbauers holen. Für ein ARF-Modell ist ein bisschen handwerkliches Geschick gefragt. Eine komplett ausgestattete Modellbauwerkstatt mit umfangreichem Spezialwerkzeug ist im Regelfall nicht erforderlich.
RTF
RtF Segelflugmodelle sind flugfertig (ready to fly) zusammengebaute Modelle. Neben dem fertig aufgebauten Modellflugzeug sind auch Sender, Ladegerät und Antriebsakku im Lieferumfang. Letzterer muss aber noch aufgeladen werden.
In der Zwischenzeit können die letzten finalen Handgriffe am Modell erledigt werden. Denn aus Transportgründen kommen auch RtF-Modelle immer im zerlegten Zustand beim Kunden an. RtF Modelle sind für Modellflugpiloten geeignet, die sich nicht lange mit Basteln aufhalten, sondern lieber schnell losfliegen wollen.
PNP
PNP ist die Abkürzung für „Plug `n` Play“. Die Hersteller verstehen darunter anschließen und loslegen. Im Regelfall sind bei Modellen dieser Kategorie die Einbauten größtenteils bereits erledigt.
Das bedeutet, die Servos sind ebenso wie der Motor und der Flugregler betriebsbereit montiert. Ein Empfänger liegt in den meisten Fällen nicht bei, da dieser immer zum Sender passen muss. Teilweise muss auch noch der Flugakku und ein passender Steckverbinder/Adapter zusätzlich besorgt werden.
BNF
BNF oder RTB stehen für "bind and fly" bzw. "ready to bind". Bei diesen Modellen sind die Empfänger bereits eingebaut. Um starten zu können muss der Empfänger nur noch mit dem bereits vorhandenen Sender gekoppelt bzw. gebunden werden.
Doch Vorsicht! Die Sender und die Empfänger der unterschiedlichen Hersteller sind nicht kompatibel untereinander. In diesem Fall muss vor dem Kauf abgeklärt werden, für welchen Sender der eingebauten Empfänger geeignet ist.
Bausatz
Wer sich einen Bausatz, Baukasten (BK) oder Kit bestellt, erhält das RC Segelflugmodell in Einzelteilen zugeschickt. Zusätzlich gibt es einen genauen Bauplan, nachdem das Flugzeug aufgebaut werden soll.
Neben dem Preisvorteil hat der Käufer auch die Möglichkeit, eventuell vorhandene Fernsteuer- und Antriebs-Komponenten für die Fertigstellung zu nutzen. Auch bei der Farbgebung und dem optischen Design sind alle Möglichkeiten offen, sodass ein individuelles Modell erstellt werden kann. Für Einsteiger ist die korrekte Fertigstellung oftmals schwierig, sodass Bausätze eher für den fortgeschrittenen Modellbauer geeignet sind.
Flugmodelle gehören laut des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) zu den Luftfahrzeugen. Sie unterliegen demnach verschiedenen Rechtsvorschriften, die unbedingt eingehalten werden sollten. Leichte Flugmodelle unter fünf Kilogramm dürfen ohne Aufstiegsgenehmigung geflogen werden. Anders verhält es sich mit schwereren Modellen. Eine Aufstiegserlaubnis erhalten Sie beim Luftfahrtsbundesamt des zuständigen Bundeslandes. Generell dürfen Sie Segelflugmodelle zu jeder Tages- und Nachtzeit fliegen, sofern keine Lärmbelästigung von ihnen ausgeht. Da Segelflugmodelle keinen Antrieb haben, sind sie sehr leise. Berücksichtigen Sie aber, dass die Modelle in der Dämmerung nur noch schwer erkennbar und schnell außerhalb der Sichtweite sind. Fliegen Sie Ihr Modell ausschließlich in Sichtweite, um Schäden am Modell oder durch das Modell zu verhindern.
Beachten Sie außerdem, dass das Fliegen in Wohngebieten und in der Nähe von Flughäfen untersagt ist. Halten Sie zu diesen Sperrgebieten einen Abstand von mindestens 1,5 Kilometern. Berücksichtigen Sie außerdem, dass Sie eine gültige Haftpflichtversicherung besitzen müssen, die eventuelle Schäden durch Flugmodelle abdeckt. Einige Versicherungen schließen Flugmodelle explizit aus. In diesen Fällen sollten Sie eine Zusatzversicherung abschließen.