Ratgeber
Reedkontakte, vielfach auch als Reedschalter bezeichnet, sind berührungslos arbeitende Schaltelemente für elektrischen Strom. Sie sind durch ein magnetisches Feld aktivierbar, das die ferromagnetischen Kontaktzungen in Bewegung setzt und damit einen Stromkreis schließt, öffnet oder wechselt. In unserem Ratgeber erfahren Sie, wie Reedkontakte funktionieren und für welche Anwendungsbereiche sie prädestiniert sind.
In seiner einfachsten Form als Schließer besteht ein Reed-Kontakt aus zwei kleinen Metallzungen von wenigen Millimetern Länge, die hermetisch in einer Glasröhre versiegelt und so positioniert sind, dass sich ihre Enden leicht überlappen, aber nicht berühren. Das Kontaktmaterial auf den Zungen ist häufig Gold, Platin oder eine Legierung aus Rhodium oder Edelmetallen.
Die Aktivierung des Schalters und damit der Schaltvorgang erfolgt durch die Anwesenheit eines Permanentmagneten, aber auch eines Elektromagneten in unmittelbarer Nähe. Die Zungen aus magnetisierbarem Material reagieren auf die Feldlinien des Magneten mit gegenseitiger Anziehung und schließen den Stromkreis. Wird der Magnet zurückgezogen, federn die Metallzungen aufgrund ihrer Elastizität in ihre freie Position zurück, der Stromkreis wird wieder unterbrochen.
Die Röhre ist im Allgemeinen mit Stickstoff oder einem Edelgas gefüllt, sodass beim Schalten die Kontakte nicht einbrennen, da wenig oder keine Funkenbildung auftreten kann. Reedkontakte werden normalerweise zum Schalten von Steuerströmen verwendet, also nicht für Ströme im hohen einstelligen oder zweistelligen Amperebereich. Vakuumierte Reed-Kontakte können allerdings auch Schaltspannungen in Kilovolt schalten.
Ein Nachteil der Glasröhre ist ihre Empfindlichkeit gegenüber mechanischen Beanspruchungen. Reedkontakte gibt es deshalb auch mit Gehäusen aus Kunststoff, die zusätzlich noch durch eine metallische Ummantelung geschützt sein können. Der Anschluss aller Typen erfolgt durch Löten oder mit Kabelschuhen. Besonders kleine Ausführungen sind oberflächenmontierbar. Die jeweiligen Abmessungen der Schalter hängen von den maximalen Werten von Strom und Spannung ab. Sie können bei gängigen Bauformen zwischen 5 Ampere und 1000 Volt liegen.
Reed-Kontakte weisen im Vergleich zu Sensoren auf Halbleiterbasis nur geringe Leckströme auf. Dies ist zum Beispiel in medizinischen Geräten nützlich, um Patienten vor Leckströmen zu schützen. Da diese Schaltelemente hermetisch abgedichtet sind, lassen sie sich zudem in Umgebungen verwenden, in denen brennbare Gase vorhanden sind oder in denen Korrosion offene Kontakte eines Schalters beeinträchtigen würde.
In geschlossenem Zustand besitzt ein Reedschalter nur einen sehr geringen Widerstand, der typischerweise bei 50 Milliohm liegt. Sensoren auf Basis des ebenfalls auf magnetischen Feldlinien beruhenden Hall-Effekts können dagegen Hunderte von Ohm aufweisen. Außerdem benötigt Reed-Kontakte zum Betrieb keinen Strom.
Eine wichtige Eigenschaft des Reedkontakts ist seine Empfindlichkeit, die von der Stärke des zur Aktivierung nötigen Magnetfeldes bestimmt wird. Sie wird in Einheiten von Amperewindungen – kurz AT – gemessen. Das entspricht dem Strom in einer Testspule multipliziert mit der Anzahl der Windungen. Typische Empfindlichkeiten für kommerzielle Geräte liegen im Bereich von 8 bis 100 AT. Grundsätzlich gilt: Je niedriger der AT-Wert, desto empfindlicher ist der Reed-Kontakt.
Im Zusammenhang mit dem AT-Wert stehen der Anzugswert AW-An (PI) für den Strom, bei dem die Reedkontakte sicher geschlossen sind, und der Abfallwert AW-Ab (DO) für den Strom, bei dem sich die Kontakte wieder öffnen. Beide Werte sind unterschiedlich, das Verhältnis zwischen ihnen wird als Hysterese bezeichnet und in Prozent angegeben. Ein hoher AW-Wert benötigt somit ein starkes Magnetfeld oder einen geringen Abstand zwischen Magnet und Sensor, ein niedriger AW-Wert ein schwächeres Magnetfeld oder ein Magnet in größerem Abstand.
Eine einzigartige Eigenschaft von magnetischen Reedsensoren ist ihre Fähigkeit, Hochgeschwindigkeits-Schaltanwendungen ohne mechanische Abnutzung zu unterstützen. Das bedeutet, dass sie eine störungsfreie, lange Lebensdauer über viele Tausende von Zyklen mit extremer Zuverlässigkeit bieten – vorausgesetzt, sie werden innerhalb der angegebenen Spezifikationen verwendet. Ein marktüblicher Reedkontakt kann eine hohe zulässige Schaltfrequenz von bis zu 300 Hertz erreichen, das heißt, der Kontakt öffnet und schließt sich bis zu 300 Mal pro Sekunde.
Dies ist mit den meisten mechanischen Schaltern nicht zu erreichen.
Reedschalter sind häufig in kontaktgesteuerten Alarmsystemen zu finden. Diese Systeme werden normalerweise mit in Reihe geschalteten Reed-Relais realisiert. Die verbundenen Kontakte bilden eine geschlossene Kette, wobei der Alarm ausgelöst wird, wenn die Kette unterbrochen wird.
Die hier verwendeten Reedschalter sind in der Regel vom Typ SPST-NO, die Abkürzung für Single Pole Single Throw-Normally Open: Im Normalzustand wird ihr Kontakt durch den zugehörigen Magneten geschlossen gehalten, der Sensor ist damit ein Schließer. Der Vorteil dieses geschlossenen Systems ist, dass der Alarm auch dann ausgelöst wird, wenn die Verkabelung unterbrochen oder manipuliert wird.
Das Gegenteil sind Reed-Schalter der Version SPST-NC für Single Pole Single Throw-Normally Closed, es handelt sich also um einen Öffner. Die Kontakte sind hier geschlossen, zum Öffnen ist die Annäherung eines Magneten notwendig. In der Praxis ist der Reed-Kontakt beispielsweise am Tür- oder Fensterrahmen angebracht.
Die auslösenden Magneten befinden sich dann am Tür- beziehungsweise Fensterflügel. Wenn die Tür oder das Fenster geschlossen sind, erzeugt der Magnet einen offenen Reed-Kontakt, der von einer elektronischen Schaltung als Signal ausgewertet wird.
Beim Öffnen der Tür vergrößert sich der Abstand zwischen Magnet und Reedschalter, das Magnetfeld wird schließlich zu schwach: der Kontakt schließt sich daraufhin und löst über die Elektronik den Alarm aus.
Neben den beiden Reedschalter-Typen Schließer und Öffner gibt es auch Wechsler zum Wechseln von zwei Stromkreisen. Sie werden als SPDT – Single Pole Double Throw – bezeichnet und besitzen drei Kontaktzungen beziehungsweise Anschlussdrähte.
Neben der Verwendung als Sensor in Alarmanlagen gibt es zahlreiche weitere Einsatzgebiete, dazu gehören zum Beispiel:
Medizin
Elektronische medizinische Geräte wie Herzschrittmacher, Defibrillatoren, Ernährungssonden und Krankenhausbetten nutzen Reed-Schalter, um einen effizienten, zuverlässigen Betrieb mit minimalem Wartungsaufwand zu gewährleisten.
Automatisierung und Fertigung
Reed-Kontakte bieten viele praktische Anwendungen in der Produktion. So nutzen Förderbänder, Zylinderkolben und automatisierte Fabrikmaschinen häufig Magnetkontakte, um Grenzwerte zu erkennen und die Ein- und Ausschaltfunktion zu erleichtern.
Automobilindustrie
Automobilprodukte müssen strenge Standards erfüllen, die vor technischen Ausfällen schützen. Diese Geräte benötigen Schaltkreise mit großer Resistenz gegenüber hohen Temperaturen, der Nähe zu anderen Schaltkreisen, Vibrationen und Gasen.
Elektronik
Reedkontakte erleichtern das Öffnen und Schließen von automatischen Türen. Sie dienen auch als Näherungskontakte für Sicherheitsvorrichtungen an Ein- und Ausgängen. Je nach elektronischem Schaltkreis lassen sich Reed-Kontakte sowohl in der Form eines Öffners als auch eines Schließers verwenden.
Extreme Bedingungen
Reed-Schalter bieten zuverlässige Leistungen in Anwendungen mit extremen und rauen Bedingungen.
Allg. Erstausrüstungsfertigung
OEM-Hersteller verwenden Reedsensoren für eine Vielzahl von Zwecken, beispielsweise als Drehzahlsensoren für Getriebe und Sicherheitsschalter.
Haushaltsgeräte
Reedschalter funktionieren sehr gut in Geräten, die eine feuchte oder nasse Umgebung erzeugen, wie Geschirrspüler, Kühlschrank und Waschmaschine.
Freizeit- und Fitnessprodukte
Reedsensoren lassen sich in einer Vielzahl von Freizeit- und Fitnessgeräten einsetzen. So dienen Reed-Kontakte als Geschwindigkeitssensoren in Fahrradrädern und Laufbändern.