DECT Telefonie » Funktionsweise und Technik des schnurlosen Festnetztelefons
Die jüngeren Leser*innen haben es nicht mehr miterlebt. Aber es gab einmal eine Zeit, da hatte ein Telefon eine drehbare Wählscheibe mit Löchern und es war per Kabel fest mit der Telefondose verbunden. Meist standen die Telefone auf den Schreibtischen in den Büros oder unpraktischerweise zu Hause im Flur. Manchmal wurde sogar noch eine üppig bestickte Abdeckhaube genutzt, um das wertvolle Kommunikationshilfsmittel vor Staub und Schmutz zu schützen. Das Telefon stand meist auf einem kleinen Kästchen mit Drucktasten, die mit Buchstaben beschriftet waren. Damit konnte auf Knopfdruck die Karteikarte mit der Telefonnummer des gewünschten Gesprächsteilnehmers eingesehen werden. Die Ziffern der Telefonnummer wurden dann nacheinander mit Hilfe der gelochten Scheibe angewählt. Was damals aktueller Stand der Technik war, ist heute Nostalgie pur.
Denn mittlerweile sind die Telefone schnurlos und somit nicht mehr an eine Stelle im Gebäude gebunden. Lediglich die Basisstation hat noch eine direkte Kabelverbindung zum Telefonnetz. Aus der Wählscheibe wurde ein Tastenfeld und das Telefonregister ist praktischerweise im Mobilteil gespeichert. Aber auch bei der drahtlosen Verbindung zwischen Mobilteil und Basisstation gab es sinnvolle Neuerungen. Schließlich handelt es sich hierbei nicht nur um eine simple und störanfällige Funk-Sprechverbindung. Nein, modernste DECT Technologie sorgt für die erforderliche Funktionalität und Abhörsicherheit. Wir erklären Ihnen gerne was es mit dem DECT-Standard auf sich hat und wie die Technik hinter dieser Art der Telefonie funktioniert.
DECT ist die Abkürzung für Digital Enhanced Cordless Telecommunication und bedeutet digital verbesserte schnurlose Kommunikation. DECT wurde 1993 eingeführt und beschreibt den Standard, mit dem ein schnurloses Telefon (Portable Part) in seinem Funknetzwerk mit der Basisstation kommuniziert. Im Prinzip lässt sich sagen: Was WLAN für das Internet ist, stellt der Standard DECT für schnurlose Telefone dar!
Um Funkstörungen zu vermeiden, arbeiten schnurlose Telefone in einem Frequenzbereich, der bei rund 1,9 Gigahertz (GHz) liegt und sich somit unterhalb vom WLAN-Bereich mit 2,4 GHz befindet. Die Sendeleistung beträgt bei einem Standard DECT-Telefon max. 250 mW und ist hoch genug, um innerhalb von Gebäuden oder in großen Unternehmen mehrere Räume gut zu versorgen. Im Freien werden sogar einige 100 m Distanz zwischen Mobilteil und Basisstation überbrückt.
Der große Vorteil von DECT ist die digitale Codierung, wodurch mehrere Mobilteile an einer DECT-Basis angemeldet werden können. Wie bei einer Telefonanlage sind neben externen Verbindungen auch interne Gespräche möglich. Die störungsfreie Übertragung und hohe Klangqualität von DECT wird aber nicht nur bei Telefonen verwendet. Einige DECT-Geräte wie Babyphone, Router oder auch Smart Home-Systeme arbeiten ebenfalls mit dieser Technik.
Im Gegensatz zu einem Mobiltelefon, das überregional funktioniert, muss sich ein schnurloses Telefon immer in der Reichweite seiner DECT-Basisstation (Base Station) befinden. Durch die Verwendung von mehreren Basisstationen können auch größere Bereiche, wie z.B. komplette Firmengelände, lückenlos abgedeckt werden. Die Gesprächsübergabe von der Funkzelle einer Basisstation zu nächsten Basisstation wird beim Telefonieren nicht bemerkt.
Oft werden anstelle zusätzlicher Basisstationen auch DECT-Repeater verwendet, um die Reichweite einer Basisstation zu erhöhen. Im Gegensatz dazu können an einer DECT-Basisstation aber auch problemlos mehrere Mobilteile angemeldet werden. In allen Fällen arbeitet die Basisstation immer als Verbindungsstelle zwischen dem schnurlosen Mobilteil und dem Telefonanschluss bzw. dem Internetanschluss.
Struktur der Datenübertragung
Die DECT-Funkübertragung findet in den meisten europäischen Ländern im Frequenzbereich zwischen 1880 MHz und 1900 MHz statt. In diesem Frequenzbereich stehen 10 Frequenzkanäle mit einem Kanalabstand von 1728 kHz zur Verfügung. Dadurch entsteht an der oberen und unteren Grenze des Frequenzbereiches ein schmales Schutzband, das nicht für die Datenübertragung verwendet wird. Durch eine dynamische Kanalauswahl bzw. Kanalzuweisung wird immer der Kanal genutzt, der im Moment die beste Übertragungsqualität liefert.
Für die bidirektionale Datenübertragung auf den 10 Kanälen wird das TDD-Zeitmultiplexverfahren (Time Division Duplex) genutzt.
Dabei werden die zu sendenden und zu empfangenden Daten in einem genau definierten Hyperrahmen (Hyperframe) eingefügt. Ein Hyperrahmen enthält 25 Multirahmen (Multiframes), wobei jeder Multirahmen 16 Rahmen (Frames) mit jeweils 24 Zeitschlitzen (Timeslots) beinhaltet. Zwölf Zeitschlitze sind für den Downlink, also für die Datenübertragung von der Basisstation zum Mobilteil und zwölf Zeitschlitze sind in umgekehrter Richtung für den Uplink vorgesehen. Die Rahmendauer beträgt 10 Millisekunden (ms).
Innerhalb des 417 µs andauernden Zeitschlitzes wird ein HF-Burst mit 368 µs eingefügt. Der HF-Burst ist im Prinzip eine hochfrequente Wechselspannung, auf die mit Hilfe der Gaußschen Frequenzumtastung GFSK (Gaussian Frequenzs Shift Keying) die zu übertragenden Informationen aufmoduliert werden. Dieser Burst beinhaltet neben der zuvor digitalisierten Gesprächsinformation auch noch die erforderlichen Daten zur Synchronisierung und Informationen zur Kanalqualität.
Um allen Anforderungen an eine DECT-Verbindung gerecht zu werden, ist die Verwaltung der Zeitschlitze variabel. So kann sich bei Bedarf das Verhältnis der Zeitschlitze von 12:12 auf maximal 23:1 ändern, falls größere Datenmengen übertragen werden müssen. Oder die Zeitschlitze können zur Erhöhung der Kanalzahl halbiert werden (half slot burst). In diesem Fall wird der Burst mit 368 µs plus einer Schutzlücke mit 49 µs durch zwei HF-Bursts mit je 160 µs ersetzt.
Ablauf der Kommunikation
Der Ablauf der Kommunikation wird nicht zentral gesteuert. Das bedeutet: Im Ruhezustand (Standby-Betrieb) senden DECT Mobilteile zwar keine Signale aus, sind aber nicht untätig. Die Mobilteile überprüfen ständig die Auslastung der zur Verfügung stehenden Kanäle und erstellen dabei eine Liste, die stets aktuell gehalten wird.
Die DECT-Basisstation hingegen sendet kontinuierlich ein Beacon-Signal aus, das neben der Identität der Basisstation auch Informationen zur aktuellen Kanalnutzung beinhaltet. Dieses „Leuchtfeuer“-Signal dient auch zur Synchronisierung der angemeldeten und in Funkreichweite befindlichen Mobilteile. Das Beacon-Signal wird sowohl in Telefonpausen, also wenn niemand telefoniert, als auch während der Kommunikation übertragen. Wenn ein externer oder interner Ruf eingeht, sendet die Basisstation ein Paging-Signal aus. Das gewünschte Mobilteil erkennt das Signal und wird, ebenso wie bei einem ausgehenden Ruf, eine Gesprächsverbindung mit der Basisstation aufbauen.
- Das Mobilteil sucht den Kanal mit den wenigsten Störungen und sendet eine Rufanfrage (Outgoing Call Request) an die Basisstation. Bereits dabei wird mitgeteilt, wie viele Kanäle benötigt werden. Im Falle eines Telefongespräches ist ein Kanal vollkommen ausreichend.
- Die Basisstation empfängt die Rufanfrage, da sie die freien Kanäle kontinuierlich auf Rufanfragen der Mobilteile überprüft.
- Bei der Bestätigung der Rufanfrage (Outgoing Call Confimation) wird von der Basisstation eine Liste mit den am besten geeigneten Kanälen zum Mobilteil übertragen. Die somit hergestellte Pilotverbindung reicht zum Telefonieren bereits aus.
- Bei Bedarf fordert das Mobilteil weitere ungestörte Kanäle an (Physical Channel Request), die von der Basisstation bestätigt werden müssen (Physical Channel Confimation).
Somit ist ersichtlich, dass die Kanalverwaltung nicht zentral, sondern dezentral ist und stets dynamisch erfolgt. Jedes Mobilteil entscheidet selbst über die verwendeten Kanäle und Zeitschlitze. Dabei wird es durch die Basisstation aktiv unterstützt. Die Basisstation als auch das Mobilteil führen stets aktuelle Listen, mit den am wenigsten gestörten Kanälen. Verschlechtert sich eine Verbindung, wird automatisch auf einen weniger gestörten Kanal umgeschaltet. Diese Umschaltung (Intercell Handover) wird von den telefonierenden Personen nicht bemerkt, denn kurzzeitig findet ein Parallelbetrieb auf zwei Kanälen statt, bevor der ursprüngliche Funkkanal aufgegeben wird.
Auch wenn die technische Beschreibung der DECT-Funktion im ersten Moment sehr komplex und umständlich erscheint, bietet die Technologie der ständig wechselnden Kanäle doch entscheidende Vorteile:
- Eigener Frequenzbereich
- Hohe Abhörsicherheit
- Gleichzeitige Nutzung mehrerer Mobilteile
- Mobilteile an mehreren Basisstationen nutzbar
- Automatische Umschaltung bei mehreren Basisstationen
- Hohe Reichweite bis 300 m (außerhalb von Gebäuden)
- Sehr energiesparend
- Gute Sprachqualität
- Geräte unterschiedlicher Hersteller kombinierbar
- Großer Funktionsumfang
Selbstverständlich will niemand, dass seine Telefongespräche von unberechtigten Personen abgehört werden. Allerdings kann so gut wie jede Funkverbindung abgehört werden. Bei der Entwicklung des DECT-Standards wurde durch verschiedene Methoden versucht, das Abhören eines DECT-Telefons zu verhindern.
1. Der mobile Teilnehmer muss an der Basisstation angemeldet sein.
2. Bei jedem Verbindungsaufbau muss sich das Mobilteil mit einem geheimen Schlüssel an der Basisstation ausweisen.
Allerdings reichten diese Maßnahmen nicht aus, wie sich herausstellte. Im Jahr 2009 haben u.a. Techniker der TU Darmstadt offengelegt, wie DECT-Gespräche bei Bedarf abgehört werden können. Deshalb sind die Hersteller zu einer 64 Bit-Verschlüsselung übergegangen. Seit 2016 wird auch mit einer 128 Bit oder einer noch höheren Verschlüsselung gearbeitet. Leider sind für den Endverbraucher die spezifischen Informationen zur Verschlüsselung nicht so ohne weiteres ersichtlich. Zudem kann beim Einsatz von DECT Repeatern zur Reichweitenerhöhung die Verschlüsselung deaktiviert werden. Besonders dann, wenn ein Repeater einer anderen Herstellermarke genutzt wird.
Das allgemeine Zugangsprofil GAP (Generic Access Profile) ermöglicht, dass ein Mobilteil des Herstellers A an der Basisstation oder Router des Herstellers B funktioniert. Kompatibilitätsprobleme, so wie sie früher aufgetreten sind, gehören damit der Vergangenheit an.
Dadurch ist es möglich, dass Mobilteil und Basisstation passend für die individuellen Bedürfnisse der anwendenden Personen ausgesucht werden.
Allerdings bezieht sich der GAP-Standard lediglich auf die Telefon-Grundfunktionen und nicht auf die Komfort-Funktionen. Deshalb ist es durchaus möglich, dass ein Standard Mobilteil eines Fremdherstellers nicht alle Funktionen des Original-Mobilteils leistet. Aber auch der Anmeldeprozess an der DECT-Basisstation ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Darum können auch hier unter Umständen Schwierigkeiten auftreten.
Ursprünglich war DECT für die Sprachübertragung und nicht für die Übertragung großer Datenmengen ausgelegt.
Da aber immer mehr Telefonanbieter ihre bestehenden Telefonnetze auf das Voice over Internet Protocol (VoIP) umstellen, musste auch DECT an die fortschrittliche und zukunftsweisende Verbindung angepasst werden.
Mit dem DECT CAT-iq Standard (Cordless Advanced Technology – internet und quality) können neben der Sprachübertragung in HiFi-Qualität auch Internet-Leistungsmerkmale, wie Musik-Streaming oder umfassende Informations-Dienste, mit eingebunden werden. Mit CAT-iq wird DECT quasi IP-fähig.
Allerdings ist DECT CAT-iq bis dato noch nicht flächendeckend in das Bewusstsein der Verbraucher vorgedrungen.
Leider ist der Begriff ECO-DECT nicht einheitlich definiert. Deshalb nutzen die Hersteller dieses Leistungsmerkmal bzw. Feature, wenn eine oder mehrere der nachfolgend aufgelisteten Funktionen an einem DECT Schnurlostelefon gegeben sind:
- Situationsbedingte Regelung der Sendeleistung
- Aufbau einer Funkverbindung erst im Bedarfsfall
- Energiesparende Netzteile mit sehr hohem Wirkungsgrad
- Sonderfunktionen zur Reduzierung von Sendeleistung/Stromverbrauch
Der strahlungsfreie Betrieb einer Basisstation im Stand-by-Modus ist eine tolle Sache. Allerdings muss ein wichtiger Punkt dabei beachtet werden. Es besteht dabei die Gefahr, dass sich Personen mit dem Mobilteil zu weit von der DECT-Basisstation entfernen. Außerhalb der Reichweite sind sie dann telefonisch nicht mehr erreichbar.
Die DECT-Technik, die für schnurlose Telefone entwickelt wurde, eignet sich auch hervorragend für Smart Home-Anwendungen.
Durch das eigene Frequenzband sind Störeinwirkungen bzw. Überlastungen eher selten und durch die Verschlüsselung wurde das Sicherheitsproblem effektiv behoben. Aber auch die Funkreichweite ist für Smart Home ideal geeignet. Diese guten Eigenschaften wurden bei DECT-ULE mit einem extrem geringen Stromverbrauch (Ultra Low Energy) kombiniert.
Trotz voller Sendeleistung liegt der Stromverbrauch lediglich im Mikroampere-Bereich. Das macht diese Technik besonders für batteriebetriebene Smart Home-Komponenten interessant. Leider funktionierte DECT-ULE von Beginn an nicht herstellerübergreifend. Erst mit der Erweiterung HAN-FUN (Home Area Network FUNctional protocol) sollen mit DECT-ULE/HUN-FUN die Kompatibilitätsprobleme behoben sein.
Ebenso wie Router mit WLAN und andere Funksysteme, gibt auch ein schnurloses DECT-Telefon eine gewisse Strahlungsleistung ab. Die von der Bundesnetzagentur zulässige Strahlungsleistung beträgt bei einem DECT-Telefon 250 Milliwatt (mW). Damit schaffen die schnurlosen Telefone der verschiedenen Hersteller Reichweiten bis zu 50 m innerhalb von Gebäuden und rund 300 m im Freien. Durch das Zeitschlitzverfahren nutzt ein DECT-Telefon bei einem Gespräch zeitlich gesehen immer nur einen Zeitschlitz, wodurch die durchschnittliche Strahlungsleistung auf rund 10 mW reduziert wird. Sollten gleichzeitig mehrere schnurlose Mobilteile des DECT-Telefons genutzt werden, erhöht sich folglich auch die Strahlungsleistung.
Wenn nicht telefoniert wird, also im Stand-by-Modus, geben die schnurlosen Mobilteile keine Strahlungsleistung ab. Dadurch wird die Stand-by-Zeit der DECT-Geräte deutlich verlängert bzw. eine lange Akkulaufzeit erreicht. Lediglich die Basisstation des DECT-Festnetztelefons gibt in regelmäßigen Abständen das Beacon-Signal mit zeitlich verkürzten Impulsen aus. Die dadurch entstehende durchschnittliche Strahlungsleistung liegt bei rund 2,5 mW.
Die spezifische Absorptionsrate (SAR) beschreibt, wieviel Strahlungsleistung das menschliche Körpergewebe aus einem Hochfrequenzfeld aufnimmt. Beim Betrieb eines herkömmlichen schnurlosen DECT-Telefons wurde bei einem am Ohr angelegten Standard Mobilteil ein SAR-Wert von 0,1 W/kg festgestellt. Der von der Strahlenschutzkommission (SSK) und der internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) empfohlene Höchstwert von 2 W/kg (gemittelt über Körperbereiche wie Kopf und Rumpf) wurde somit deutlich unterschritten. Unabhängig davon arbeiten die Hersteller nach wie vor an Techniken, wie z.B. dem ECO-Modus, bei dem die DECT-Strahlung in der schnurlosen Telefonie bzw. bei einem schnurlosen DECT-Telefon so gering wie möglich gehalten wird.