Praxisorientierter MINT-Unterricht
Die Erinnerungen an den Unterricht in Mathematik, Biologie oder an andere mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer werden den einen oder anderen erschauern lassen. Trockener Unterricht mit Formelsammlungen und dem Periodensystem, ellenlange kryptische Hefteinträge und kein Bezug zur Realität. Das war einmal. Heute sorgen Lehrkräfte, Bildungsministerien und Unternehmen dafür, dass die sogenannten MINT-Fächer möglichst praxisorientiert und spannend gestaltet werden. Denn eines ist klar: Der Bereich ist für die Wirtschaft sehr bedeutend, da sie den Kern vieler Innovationen bildet. Arbeitnehmer mit einem entsprechenden Abschluss sind also die innovationstreibenden Kräfte, die Unternehmen in vielen Themen voranbringen. Das Problem: Der allgemeine Fachkräftemangel und die hohen Anforderungen bei Studium oder Ausbildung sorgen für einen Mangel an qualifizierten Mitarbeitern.
Was ist MINT?
MINT ist die Abkürzung für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Neben den klassischen Unterrichtsfächern in der Grundschule, in weiterführenden Schulen und an Hochschulen werden auch Experimente und Projekte im Kindergarten dazu gezählt. Was mit vier einfachen Buchstaben abgekürzt wird, deckt also ein umfassendes Feld an Unterrichtsthemen ab von Algebra und Geometrie über Chemie, Physik bis hin zu Robotik, Automatisierung und Programmieren.
Diese Fächer sind nicht nur dazu da, um Schülerinnen und Schüler zu benoten. Ganz im Gegenteil, sie sind der Motor für die Innovationskraft der Wirtschaft. Um aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu lösen, sind viele Fachkräfte mit einer MINT-Ausbildung nötig, beispielsweise in der Bionik, Digitaltechnik, Mechatronik oder im Softwareengineering. MINT bietet ein breites Berufsspektrum, das vom Versicherungsmathematiker über den Biochemiker bis hin zur Kardiotechnikerin reicht. In all diesen wirtschaftlichen Bereichen verbindet sich das strukturierte Vorgehen der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer mit Erfindungsreichtum und Kreativität. Darüber hinaus wissen Absolventen, wie vernetzt und fließend die Übergänge zwischen den einzelnen Fachbereichen sind. Für die Informatik benötigt man Mathematik, technische Neuerungen fußen oftmals auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Kurzum: Ohne MINT läuft es nicht.
Das Problem: Genau diese Fachkräfte fehlen durch den zunehmenden generellen Mangel an gut ausgebildeten Arbeitnehmern. Zusätzlich haben die entsprechenden Studiengänge eine Abbruchquote von etwa 50 Prozent. Dies liegt auch an der Komplexität dieser Studien und dem Wunsch vieler Studierender, sich auf ein Fach zu fokussieren.
Die Lösung: Frühzeitig, also bereits im Kindergarten, das Interesse für Mathematik und Naturwissenschaft wecken. Kindergarten- und Grundschulkinder experimentieren und forschen spielerisch, mit ihrer Neugierde als Antrieb. Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe I und Sekundarstufe II werden gezielt in diesen Kompetenzen gefördert. Um Erzieher und Lehrkräfte zu unterstützen, bieten viele Initiativen und Vereine Fortbildungen sowie kostenlose Unterrichtsmaterialien an. Auch Unternehmen leisten ihren Beitrag, fördern zahlreiche Initiativen und entwickeln eigens für den Unterricht gedachte Bausätze, Programmiersets und Roboter. So sollen Kinder in jedem Alter ganz praktisch an die MINT-Themen herangeführt werden, um sich ohne Scheu oder Angst, dafür mit viel Neugier und Kreativität in diesen Fächern zu bewegen. Und diese Neugier muss an der Schulpforte nicht aufhören. Auch daheim lässt sich mit Bausätzen und Experimentierkästen das Interesse der Kinder fördern.
Eine weltweite, von LEGO® Education beauftragte Studie von 2019 belegt, dass die Mehrheit der Schüler und Schülerinnen mit einer selbstbewussten Herangehensweise an Themen in MINT-Fächern auch in anderen Bereichen ein höheres Selbstvertrauen zeigen und weniger Angst vor unbekannten oder neuen Aufgaben haben. Praxisorientiertes Lernen und projektorientierte Gruppenarbeiten stärken ebenfalls das Selbstvertrauen.
Das bedeutet also, dass der MINT-Unterricht nicht nur ein wichtiger Bestandteil der Bildung ist, sondern ebenfalls zur Persönlichkeitsbildung beiträgt. Zudem verspricht eine Ausbildung in dieser Fachrichtung gute berufliche Einstiegs- und Aufstiegschancen in interessanten, zukunftsweisenden Bereichen. Um Kinder für Biologie, Mathematik, Chemie, Physik, Technik und Co. zu begeistern, können sich Lehrkräfte aus einem bunten Strauß an Angeboten Unterstützung für ihre Klassen suchen.
Gerade die Zusammenhänge zwischen Mathematik, Technik, Physik und anderen MINT-Modulen machen einen fächerübergreifenden Unterricht möglich. Dank speziell für den Unterricht entwickelter Materialien lässt sich anhand kleiner Projekte der Praxisbezug von Mathematik und Naturwissenschaften darstellen. Ausgangspunkt ist meist ein lebensnahes Problem, für das die Schüler und Schülerinnen eine Lösung suchen. Durch diesen problemlösenden Ansatz lässt sich vermeiden, dass aus dem Blickwinkel eines einzelnen Schulfachs an die Lösung herangegangen wird. Das Problem wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und durch Experimentieren, Forschen und kooperative Lernformen sowie mithilfe digitaler Medien am Ende gelöst. So können Lehrer die Unterrichtseinheit abwechslungsreich gestalten, interessierte Kinder haben Spaß und lernen spielerisch.
Was so einfach klingt, ist für die Lehrenden in der Praxis natürlich nicht immer einfach umzusetzen. Denn es bedarf einer engen Zusammenarbeit zwischen Kollegen und intensiven Planungen. Doch die Bemühungen lohnen sich. Denn die Schüler und Schülerinnen erhalten nicht nur einen Wissenszuwachs, sie gewinnen auch an Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und gehen mit Freude an die Aufgaben. Das hilft nicht nur in der Schule, sondern kann mehr Schulabgänger motivieren, eine Berufsausbildung oder eine Studium in den Bereichen der Mathematik, Technik, Informatik oder den Naturwissenschaften zu beginnen. Doch nicht nur in der Schule lassen sich die Systeme einsetzen. Auch daheim können kleine und große Bastler verschiedene Projekte in Angriff nehmen und ganz nebenbei wichtiges Wissen erlangen. Im Folgenden sollen ein paar dieser Systeme vorgestellt werden.
Bausätze, Experimentierkästen und Entwicklungskits
Eine Möglichkeit für einen spannenden, naturwissenschaftlich-technischen Unterricht sind Bausätze, Experimentierkästen und Entwicklungskits. Durch die gestellten Aufgaben können sich die Kinder und Jugendlichen ihr Wissen spielerisch vertiefen und stärken gleichzeitig ihre Teamfähigkeit. Je nach System ist auch der Zeitansatz unterschiedlich. Manche Projekte lassen sich innerhalb einer Schulstunde beenden, für andere wiederum ist ein halbes Schuljahr nötig.
Bausätze
Bausätze gibt es für jede Altersklasse vom Kindergarten bis zur Abiturklasse, für jeden Wissenstand und in unterschiedlicher Komplexität. Der Vorteil an diesen Sets ist es, dass Schülerinnen und Schüler durch den Zusammenbau der Einzelteile verstehen lernen, wie etwas funktioniert und welche Zusammenhänge existieren.
Roboter Bausätze
Roboter erleichtern den betrieblichen und privaten Alltag nicht nur in vielen Dingen, sondern man kann mit ihnen ganz schön viel lernen.
Vom Kindergarten bis an die Hochschule gibt es Formen der humanoiden Roboter, die bei der Vermittlung von Sachthemen in Programmierung, Roboter-Technik, Steuer- und Regeltechnik sowie kreatives Arbeiten helfen.
Die einfachste Form der Programmierung, die schon für Kindergartenkinder zu erlernen ist, ist die Programmierung und Steuerung der Roboter mit farbigen Coding Blöcken oder per App. Ältere Schüler sowie Studierende können ihre Roboter mit komplexeren Programmiersprachen wie C++ steuern.
Zusammenhänge, die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und zur Problemlösung lassen sich auf diese Weise genauso erlernen wie verschiedene technische Verfahren der Telemetrie und der Mechatronik.
Experimentierkästen
Experimentierkästen oder Lernpakete beinhalten alles, was für das entsprechende Themengebiet in Chemie, Physik, Elektronik oder Mathematik benötigt wird. So kann man beispielsweise an Radios, LED-Leuchten oder Brennstoffzellen tüfteln. Aber auch für Arduino Boards und Raspberry Pis, die normalerweise ohne Anleitung zu kaufen sind, gibt es Lernpakete. Diese erleichtern den Einstieg in die Welt der Einplatinencomputer. Beachten sollte man beim Kauf die Altersbeschränkung, da manche Experimentierkästen speziell für Erwachsene konzipiert sind.
Entwicklungskits
Entwicklungskits gibt es in der Einsteigervariante genauso wie für Fortgeschrittene mit entsprechenden Vorkenntnissen. Geeignet sind sie für höhere Klassen in der Sekundarstufe II sowie während der Berufsausbildung, wo Informatik mit dem Mathematik-Stoff oder Transferleistungen aus der Naturwissenschaft verknüpfen werden sollen. Somit geht es ans Eingemachte, wo Zusammenhänge und Funktionsweisen in Haushaltsgeräten, Kraftfahrzeugen, Smartphones oder Servern genau unter die Lupe genommen werden.
Single Board Computer (SBC)
Single Board Computer kennt man heutzutage aus dem Smartphone oder dem Tablet. Diese simplen Einplatinencomputer, beispielsweise das Raspberry Pi®, sind etwa kreditkartengroß und vereinen darauf alles wichtige: Mikroprozessor mit Chipsatz, RAM, Cache und einen Slot für Datenträger mit dem Betriebssystem wie Linux. Mit dieser Ausstattung lassen sich bereits einfache Ablaufsteuerungen realisieren. Da die SBCs kein Gehäuse haben, können sie jederzeit leicht umgebaut werden. Auch die Einbettung in andere Systeme für Mess-, Steuer- und Regelungsvorgänge ist möglich, da sie komplexe Multi-Tasking-Anwendungen erlauben.
Je nach Einsatz sind gegebenenfalls Erweiterungsplatinen notwendig, die die Platine flexibler nutzbar machen. Diese Breakout Boards haben den Vorteil, dass darauf bereits Bauteile verlötet sind und nur noch auf den Single Board Computer aufgesteckt werden müssen.
Microcontroller Board (MCU)
Im Gegensatz zu den flexiblen SBCs werden MCUs typischerweise für einen spezifischen Anwendungszweck programmiert. Die Microcontroller Boards, zu denen beispielsweise das Arduino Board gehört, vereinen einen Mikrocontroller sowie eine Programmier-Schnittstelle und Peripherie-Schnittstellen. Sie können mit verschiedenen Aktoren und Sensoren verbunden werden. In der Industrie finden sie Einsatz in der Automobil-Industrie, der Medizintechnik sowie dort, wo eine Automatisierung nötig ist. Auch hier helfen Breakout Boards zur einfachen Erweiterung.