Batterie Energiespeichersysteme (BESS) » Energiemanagement der Zukunft
Veröffentlicht: 27.02.2023 | Lesedauer: 7 Minuten
Zugegeben, die zuverlässige Energieversorgung ist im privaten Umfeld komfortabel und auch wichtig. Schließlich halten Gefrierschränke und Kühltruhen bei Stromausfall nur für eine begrenzte Zeit die erforderlichen Minustemperaturen.
Zudem bleiben ohne Strom auch noch die meisten Heizungen kalt. Selbst dann, wenn noch genügend Brennstoff vorhanden wäre.
Im betrieblichen Umfeld hingegen sind Stromausfälle weit mehr als nur ein Ärgernis. Schließlich geht es darum, die wichtigsten Betriebsabläufe und Funktionalitäten unbedingt aufrecht zu halten. Doch oftmals reichen da schon kurzzeitige Schwankungen im Energienetz aus, damit komplexe Systeme und Anlagen den Betrieb einstellen.
Derartige Probleme sind bereits vor Jahren bei Personal Computern aufgetreten, wenn kurzzeitige Spannungsunterbrechungen die Rechner zum Absturz brachten. Der damals genutzte Lösungsansatz hat sich bestens bewährt und wird auch heute noch genutzt. Allerdings sind moderne BESS-Lösungen weitaus größer und leistungsfähiger. Gerne zeigen wir Ihnen auf, welche Möglichkeiten und Potenziale in einem Batterie-Energiespeichersystem stecken.
Die Abkürzung BESS kommt aus dem englischen Sprachgebrauch und steht für Battery Energy Storage System. So gesehen ist die wörtliche deutsche Übersetzung mit Batterie Energie Speicher System bzw. Batterie-Energiespeicher technisch nicht korrekt. Schließlich werden in diesen Systemen nicht Batterien, sondern Akkus genutzt. Im Gegensatz zu Batterien, die im leeren Zustand entsorgt werden müssen, können Akkus wieder aufgeladen werden. Allerdings ist der Begriff „Batteriespeicher“ für einen wieder aufladbaren Stromspeicher im deutschen Sprachgebrauch mittlerweile recht weit verbreitet, sodass wir in diesem Zusammenhang auch dabei bleiben wollen.
Wie bereits eingangs erwähnt, reagieren technisch komplexe Systeme, wie beispielsweise Computer, sehr empfindlich auf Schwankungen, Verringerungen (Brownouts) oder Unterbrechungen (Blackouts) in der Stromversorgung.
Nicht nur, dass der Betrieb schlagartig eingestellt wird, auch die in diesem Moment bearbeiteten und noch nicht gespeicherten Daten sind unwiederbringlich verloren.
Findige Entwicklungsingenieure haben das Problem frühzeitig erkannt und als Lösung praktische USV-Geräte entwickelt. Die Bezeichnung USV ist von der Gerätebeschreibung „Unterbrechungsfreie Strom Versorgung“ abgeleitet und beschreibt die Grundfunktion der Geräte recht gut. Ein USV-System beinhaltet einen oder mehrere Akkus, die über das Stromnetz geladen werden. Zwar gibt es bei USV-Anlagen unterschiedliche Schaltungskonzepte, aber die Grundfunktion ist immer gleich. Bei Netzausfall übernimmt die USV unverzüglich die zuverlässige Stromversorgung des angeschlossenen Computers. Dazu wird mit einem Wechselrichter aus der Gleichspannung des oder der Akkus eine Netzwechselspannung erzeugt und damit das angeschlossene Gerät versorgt.
Auch wenn bei den ersten USV-Geräten die verwendeten Akkus nicht besonders groß waren, konnten die anwendenden Personen im Falle eines Stromausfalls noch wichtige Daten speichern und anschließend das System ordnungsgemäß herunterfahren. So gesehen waren die damaligen USV-Geräte auch die ersten Vorläufer der heutigen Batterie-Energiespeichersysteme. Mittlerweile haben sich die USV-Geräte aber enorm weiterentwickelt, sodass es auch leistungsstarke USV-Anlagen für industrielle Anwendungen gibt.
Um die Funktionsweise eines Batterie-Energiespeichersystem (BESS) demonstrieren zu können, wollen wir den strukturellen Aufbau bzw. die Anschlussmöglichkeiten der einzelnen Komponenten genauer aufzeigen.
Akkus
Wie bereits eingangs erwähnt, beinhaltet ein Energy Storage System keine Batterien, sondern Akkus (1). Im Gegensatz zu den ersten USV-Anlagen, die noch mit Bleiakkus funktionierten, setzen moderne Energiespeicher auf Akkus mit Lithium-Ionen Technologie. Der Grund dafür ist die extrem hohe Energiedichte der Speicherakkus. Auch wenn in den Beschreibungen oft von Lithium-Batterien gesprochen wird, handelt es sich vorrangig um Lithium-Ionen-Akkus oder Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus.
Steuerung
Die Steuerung (2) oder Central Processing Unit (CPU) übernimmt in erster Linie das Energiemanagement des Speichers. Je nach Situation, Ladezustand und Energiebedarf werden die Stromabgabe bzw. die Stromaufnahme gesteuert und überwacht. Bei großen Systemen wird in diesem Bereich zum Teil schon mit intelligenter Technik gearbeitet, um auf der Basis der vorhandenen Daten eine vorausschauende Planung durchführen zu können.
Das Akkumanagement (AM) sorgt dafür, dass die Akkus im Rahmen der zulässigen Parameter betrieben werden. Denn die Grenzspannungen beim Laden und Entladen müssen in jedem Fall eingehalten werden, um die Akkus nicht unnötig zu belasten oder zu schädigen. Zudem verfügt die Steuerung über umfassende Sicherheitsfunktionen und stellt die erforderlichen Schnittstellen zur Verfügung. So lässt sich der aktuelle Status des Batteriespeichers jederzeit vor Ort am Computer (3) oder ortsunabhängig über die Cloud kontrollieren und steuern.
Wechselrichter und Laderegler
Die Akkus sind mit dem Wechselrichter (4) verbunden, der aus der Gleichspannung der Akkus (DC) eine Netzwechselspannung (AC) generiert. Damit können dann die unterschiedlichsten Verbraucher in einem Haus (5) oder einem Unternehmen versorgt werden. Selbst eine Einspeisung in das öffentliche Versorgungsnetz (6) ist bei einem Überschuss an regenerativen Energien möglich. Oftmals fungieren die Wechselrichter auch noch als Laderegler und ermöglichen in umgekehrter Richtung das Laden der Akkus mit Hilfe der Netzspannung.
Bei DC-gekoppelten bzw. Gleichspannungsgekoppelten Systemen sind am Wechselrichter noch Anschlüsse für Solarmodule (7) bzw. Windkraftanlagen (8) vorhanden (siehe Bild). In Wechselspannungsgekoppelten Systemen (AC-Systemen) haben die Solarmodule einen separaten PV-Wechselrichter, der für die direkte Netzeinspeisung ausgelegt ist. Oder anders ausgedrückt: AC-gekoppelte Energiespeicher eignen sich ideal zum Nachrüsten von bestehende Photovoltaik-Anlagen mit Netzeinspeisung, bei denen die Wechselrichter keinen Anschluss für einen Akku aufweisen.
Das eingangs erwähnte Beispiel mit dem USV-Gerät zeigt recht eindrucksvoll, wie bereits kurzzeitige Spannungsaussetzer an einem einzigen Computer nicht unerhebliche Probleme verursachen können. Nun sind aber in Betrieben, bei Dienstleistern oder auch in der Industrie viele Computer in komplexen Netzwerken im Einsatz. Da ist dann nicht wirklich viel Fantasie erforderlich, um sich die enormen negativen Auswirkungen vorzustellen, wenn komplette Systeme schlagartig abstürzen bzw. zusammenbrechen.
Optimisten werden die positiven Erfahrungswerte der Vergangenheit heranziehen und auch weiterhin auf die bis dato recht gute Stabilität des Stromversorgungsnetzes vertrauen. Ein Argument, das definitiv nicht von der Hand zu weisen ist.
Doch die Energiewende mit der geplanten Abschaltung von Kraftwerken und der Nutzung erneuerbarer Energien lassen das Thema Netzstabilität in einem gänzlich neuen Licht erscheinen. Schließlich sind Wind und Sonnenlicht bekanntermaßen recht starken Schwankungen unterworfen.
Zudem kann der Strom aus erneuerbaren Energiequellen oftmals nicht dort produziert werden, wo er am meisten benötigt wird. Hinzu kommt, dass auch die Anforderungen an das Stromnetz kontinuierlich steigen.
Ein Hauptgrund dafür ist die immer stärker zunehmende Elektromobilität und die dafür notwendigen Ladevorgänge. Zwar wird der Ausbau von Solaranlagen auf Privathäusern massiv gefördert, doch ob dadurch der kontinuierliche Mehrbedarf an elektrischer Energie kompensiert werden kann, ist eher ungewiss.
Batterie-Energiespeichersysteme gewährleisten nicht nur die Betriebssicherheit von wichtigen technischen Anlagen und kritischen Systemen. Neben dem Schutz vor Spannungsschwankungen oder Stromausfall bieten die praktischen Speicher noch weitere entscheidende Vorteile, die wir Ihnen gerne vorstellen möchten.
Leistungsspitzen abdecken
Ein kurzfristig erhöhter Leistungsbedarf kann jederzeit problemlos abgedeckt werden, ohne dass dabei das Stromnetz übermäßig belastet oder gefährdet wird.
Kostenreduzierung
Nachts kann kostengünstiger Niedrigtarif-Strom in die Speicherakkus geladen werden, der tagsüber den Bedarf an teuren Hochtarifstrom deutlich verringert.
Erneuerbare Energien
Das Laden der Speicherakkus über eine eigene Windkraft- oder Photovoltaik-Anlage spart den Einkauf teurer Energie und senkt die CO2-Emissionen.
Netzeinspeisung
Überschüssige regenerativen Energien werden bei vollen Akkus in das öffentliche Versorgungsnetz eingespeist, wodurch der wirtschaftliche Ertrag steigt.
Individuelle Skalierung
Die Leistungsfähigkeit eines Batterie-Energiespeichersystems lässt sich sehr einfach und schnell durch das Hinzufügen von weiteren Akku-Einheiten anpassen.
Lückenloses Controlling
Eine lückenlose Datenerfassung in Echtzeit sorgt für einen umfassenden Überblick und kann bei Bedarf zum Condition Monitoring genutzt werden.
Der Einsatz von Batterie-Energiespeichersystemen ist in den unterschiedlichsten Bereichen möglich.
Solaranlage für Privathaushalte
Da der von der PV-Anlage generierte Strom tagsüber größtenteils nicht benötigt wird, kann damit der Batteriespeicher aufgeladen werden. Abends, wenn der Stromverbrauch hoch ist, wird zunächst der Strom aus dem Speicher zur Energieversorgung verwendet. Da in diesem Fall kein Strom vom Netzbetreiber bezogen wird, lassen sich so die Stromkosten drastisch senken. Die Energiespeicher bewegen sich in der Größenordnung von 4 kWh bis 16 kWh (Kilowattstunden).
Gewerbe und Industrie
Größere Anlagen sind für Betriebe und die Industrie interessant. Neben den bereits angesprochenen Kosteneinsparungen steht hier jedoch die zuverlässige Energieversorgung von wichtigen Systemen und Maschinen im Vordergrund.
Stromversorger und Netzbetreiber
Selbst Energieversorger nutzen die Vorteile von Batterie-Energiespeichersystemen. So sind die Betreiber von Windparks nicht mehr gezwungen ihre Windräder teilweise offline zu schalten, nur weil im Moment zwar Wind weht, aber kein Strombedarf vorhanden ist. Aber auch die Energieübertragungsstrecken oder Überlandleitungen werden effektiv entlastet. So können beispielsweise die Leitungen in der Nacht genutzt werden, um auf der Empfängerseite die Akkus eines großen Speichersystems zu laden. Ein Energiespeicher in der Größenordnung von 20 MWh (Megawattstunden) oder mehr unterstützt dann die Energieversorgung, wenn ein besonders hoher Energiebedarf besteht.
Aber auch für das Ultraschnellladen von Elektroautos sind derartige Energiespeicher perfekt geeignet. Denn der Ladevorgang erfolgt dann ausschließlich über Gleichstrom, ohne dabei das Wechselstromnetz zu belasten.
Lösungen in der Vergangenheit
Die Idee Energie in großen Mengen zu speichern und bei Bedarf abzurufen ist ja nicht neu. Bereits vor über 100 Jahren wurden Pumpspeicherkraftwerke gebaut, um die Stromnetze in Spitzenzeiten kurzfristig und schnell zu entlasten. Dazu wurden nachts, wenn ein gewisser Stromüberschuss vorhanden war, große Mengen an Wasser auf ein höheres Niveau gepumpt. Bei hohem Strombedarf konnte das zurückfließende Wasser Turbinen mit Generatoren antreiben und so den erforderlichen Strom erzeugen. Allerdings sind für diese Anwendung bestimmte geografische Gegebenheiten erforderlich, die nicht überall zu finden sind.
Aktuelle Technologie
Wesentlich einfacher geht es mit Energiespeicherbatterien. Je nach Einsatzzweck und Anwendung sind sie größenmäßig unterschiedlich ausgelegt. Die Leistung oder besser gesagt die elektrische Arbeit, also die Leistung in einer bestimmten Zeit, reicht von wenigen kWh bis hin zu mehreren MWh. Dadurch lassen sich Schwankungen im Netz und Engpässe bei den erneuerbaren Energien wie Solar und Windkraft in idealer Weise ausgleichen. Hochkapazitive Akkus und ein intelligentes Energiemanagement machen bereits heute flexible Lösungen für unterschiedliche Anwendungen möglich. Aber auch an Alternativen, wie beispielsweise dem Schwungradspeicher oder an Pumpspeicherkraftwerken auf dem Meeresgrund, wird aktuell geforscht und optimiert.
Ein Blick in die Zukunft
In absehbarer Zukunft wird der Bedarf an elektrischer Energie kontinuierlich steigen. Dann wird bei der elektrischen Arbeit nicht mehr von kWh oder MWh, sondern von Gigawattstunden (GWh) die Rede sein. Parallel dazu werden auch die Anforderungen an die Stromspeicher in die Höhe schnellen. Gleichzeitig wird durch den stetigen Ausbau der erneuerbaren Energien aber auch immer mehr elektrische Energie erzeugt.
Doch nicht nur der Leistungsdurchsatz wird in Zukunft steigen. Dank der stetig wachsenden Elektromobilität wird auch die Akku-Entwicklung intensiv vorangetrieben. Die Speicherung von sehr großen Energiemengen soll beispielsweise mit organischen Batterien schon bald problemlos möglich sein.