Beschaffungsmanagement » Mit der richtigen Einkaufsstrategie den Unternehmenserfolg sichern!
Veröffentlicht: 18.01.2022 | Lesedauer: 8 Minuten
In Vereinen, Einrichtungen oder auch im privaten Umfeld stehen hin und wieder Veranstaltungen an. Dazu werden im Vorfeld Besprechungen abgehalten, um die Beschaffung der erforderlichen Materialien zu planen. Dabei lässt sich sehr schön erkennen, welche Personen ein ausgeprägtes Talent zum Organisieren und Beschaffen haben. Solche Leute sind auch ideal für den betrieblichen Einkauf geeignet. Denn was im privaten Umfeld meist im kleinen Rahmen stattfindet, wird in Unternehmen in ganz anderen Dimensionen praktiziert. Aber auch hier müssen die vorhandenen finanziellen Mittel sinnvoll und effizient genutzt werden. Denn Fehlentscheidungen bei der gewerblichen Beschaffung können im schlimmsten Fall zu einer Gefährdung der Lieferkette zum Kunden (Supply Chain) führen. Um derartige Fehler zu vermeiden, leisten sich viele Firmen ein Beschaffungsmanagement. Wir erklären Ihnen gerne, was sich hinter dem Begriff verbirgt und zeigen auf, welches Sparpotential das Management im Einkauf bietet.
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Einfach ausgedrückt lässt sich sagen, dass das Beschaffungsmanagement oder auch Supply Management die Versorgung einer Firma, einer Behörde oder eines Unternehmens verantwortet. Dabei bezieht sich die Versorgung nicht nur auf Sachgüter. Auch Dienstleistungen, Informationen und Kapital können bzw. müssen bei Bedarf beschafft werden. Somit ist das Beschaffungsmanagement die zentrale Stelle, in der alle Entscheidungen rund um die Beschaffung getroffen werden. Dabei beurteilen die entscheidenden Personen immer die aktuelle Marktsituation und wägen zwischen Kosten und Nutzen ab.
Ein fester Bestandteil des Beschaffungsmanagements ist das Risikomanagement. Hier wird entschieden, ob ein inländischer Zulieferer, bei dem die Qualität und die Lieferfähigkeit gewährleistet sind, gegen einen international tätigen Lieferanten ersetzt werden kann. Global agierende Lieferanten sind erfahrungsgemäß deutlich günstiger, aber oft sind deren Know-how, Qualität und Lieferbarkeit risikobehaftet.
Für die Lieferantenfindung nutzen große Firmen oder auch Behörden in speziellen Portalen umfangreiche Ausschreibungen. In den anschließend durchgeführten Vergabeprozessen werden dann die für das Unternehmen besten Lieferanten ausgewählt.
Eine weitere wichtige Aufgabe des Beschaffungsmanagements ist das Controlling. Durch die genaue Analyse der bestehenden Prozesse und Vorgehensweisen kann genau geprüft werden, welche Optimierungen und Kosteneinsparungen noch möglich sind.
Aber auch das Verhandeln von Preisen und Rabatten sowie der Abschluss von Verträgen mit den Lieferanten zählen mit zu den wichtigen Aufgaben des Beschaffungsmanagements.
Das Hauptziel und wesentliche Aufgabe ist die Versorgungssicherheit des eigenen Unternehmens mit hochwertigen Waren und Dienstleistungen. Nur so kann die Funktionalität des Unternehmens und die Qualität der für den Kunden produzierten Waren sichergestellt werden. Weitere untergeordnete Ziele sind:
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Optimierung der Prozesskosten für Lager und Logistik.
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Analyse und Optimierung der bestehenden Einkaufsprozesse.
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Detaillierte Bedarfsanalysen und Beschaffungsmarktanalysen erstellen.
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Beschaffungsstrategien ableiten.
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Lieferantenanalysen erstellen und Lieferantenauswahl treffen.
Alle diese angesprochenen Ziele können letztendlich unter einem Punkt zusammengefasst werden: Die Kosten-Nutzen-Relation für das Unternehmen zu verbessern.
Um eine Realisierung der oben aufgelisteten Ziele zu ermöglichen, wird im Beschaffungsmanagement von der strategischen Beschaffung und der operativen Beschaffung gesprochen. Die beiden Bereiche unterscheiden sich deutlich in ihren Aufgabenstellungen.
Strategische Beschaffung
Das strategische Beschaffungsmanagement richtet sich nach den mittel- bis langfristigen Zielen einer Firma. Dabei werden geeignete Strategien entwickelt, in welchem Umfang Sachgüter und Dienstleistungen benötigt werden, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. In diese Strategien fließen u.a. auch die Analyse des Bedarfes und des Beschaffungsmarktes sowie die Lieferantenorganisation mit ein. Es werden aber auch Make-or-Buy-Entscheidungen darüber getroffen, welche Komponenten selbst gefertigt oder zugekauft werden sollen. Alle Entscheidungen werden immer unter Berücksichtigung der benötigten Qualität, der Verfügbarkeit und einer Risikoeinschätzung getroffen, um die betriebsinterne Wertschöpfungskette nicht zu gefährden. Durch ein umfangreiches Controlling werden die aktuellen Vorgehensweisen überprüft, um bei Bedarf gegensteuern zu können.
Operative Beschaffung
Das operative Beschaffungsmanagement ist mit der betriebsinternen Umsetzung der Beschaffungsprozesse beauftragt. Im Gegensatz zur strategischen Beschaffung, die sich auch längerfristig planen lässt, muss die operative Beschaffung zum Teil kurzfristig und schnell agieren können. Im Falle einer Betriebsstörung durch eine defekte Maschine oder Anlage, müssen die erforderlichen Ersatzteile schnellstmöglich bei einem geeigneten Lieferanten angefordert werden.
Aber auch Produkte für Service, Wartung und Instandhaltung müssen zeitnah beschaffbar sein. Bei regelmäßig benötigten Betriebsmitteln für die Produktion oder auch bei Bürobedarf und bei verschleißenden Werkzeugen muss das operative Management ein verstärktes Augenmerk auf die Dispomenge, Lagerkapazität, Herkunft, Lieferzeitpunkt, Preis und Qualität legen.
Der strategische und operative Einkauf in einem Unternehmen arbeiten Hand in Hand, damit alle benötigten Güter und Dienstleistungen bei Bedarf verfügbar sind. Die Einkaufsmengen müssen aber so gesteuert werden, dass das zur Verfügung stehende Firmenkapital nicht unnötigerweise durch Waren gebunden wird, die dann lange Zeit ungenutzt auf Lager liegen.
Strategische Betriebsmittel, auch A- und B-Teile genannt, machen einen großen Anteil des Einkaufsvolumens aus. Trotzdem werden sie aber meist von einer überschaubaren Anzahl von Zulieferern bereitgestellt. Anders sieht es bei den operativen Betriebsmitteln aus, die auch C-Teile genannt werden. Durch die große Vielzahl an unterschiedlichen Produkten, wird auch eine entsprechend hohe Anzahl an unterschiedlichen Lieferanten benötigt. Wenn dann auch noch Lieferanten mit ähnlichen Sortimenten gelistet sind, wird das Auffinden des richtigen Produktes bzw. des passenden Zulieferers zur zeitraubenden Angelegenheit für den Einkauf. Zudem müssen beim betriebsinternen Beschaffungsprozess neben der Bedarfsprüfung und der Lieferantenauswahl auch noch Freigaberichtlinien beachtet, sowie die Auftragserteilung und die Bestellabwicklung durchgeführt werden.
Da es sich bei den C-Teilen meist um einen plötzlichen auftretenden und unregelmäßig wiederkehrenden Bedarf handelt, agieren Mitarbeitende oder Abteilungen oft eigenmächtig. Sie kaufen dann losgelöst von den betriebsinternen Beschaffungs-Prozessen selbsttätig ein. Dieses Maverick-Buying geschieht nicht mit übler Absicht, sondern oft einfach nur wegen dem enormen Zeitdruck oder auch aus Unwissenheit.
Um den offiziellen Einkaufsvorgang zu beschleunigen und die Transparenz und Messbarkeit der Prozesse zu erhöhen, gibt es mit OCI/Punchout, Smart Procurement oder auch dem eKatalog verschiedene Lösungen für eine elektronisch unterstützte Beschaffung. Durch die Vergabe von Budgets und Freigaberechten im E-Procurement haben dann auch die Mitarbeitenden in unterschiedlichen Abteilungen die Möglichkeit, dringend benötigte C-Teile schnell und trotzdem konform zu den Einkaufsrichtlinien zu beschaffen.
Mit Hilfe der ABC-Analyse können unter anderem alle benötigten Materialien eines Unternehmens in drei Klassen eingeteilt werden. Die Klassifizierung richtet sich einmal nach der Artikelvielfalt und nach dem Wert der eingekauften Waren. Die angegebenen %-Werte in der Tabelle dienen im aufgezeigten Fall als Richtwerte, die im eigenen Unternehmen leicht abweichen können.
ABC-Aufteilung von Beschaffungsgütern
A-Teile | Geringe Artikelvielfalt Hohe Beschaffungskosten |
10% der Artikel umfassen 80% des Einkaufsvolumens |
B-Teile | Mittlere Artikelvielfalt Mittlere Beschaffungskosten |
40% der Artikel umfassen 15% des Einkaufsvolumens |
C-Teile | Große Artikelvielfalt Geringe Beschaffungskosten |
50% der Artikel umfassen 5% des Einkaufsvolumens |
Mit ihren geringen Beschaffungskosten und dem niedrigen Einkaufsvolumen sind C-Teile in der Materialwirtschaft nicht unbedingt auffällig.
Trotzdem bietet sich hier das größte Einsparpotential für das Beschaffungsmanagement. Denn oftmals liegen die Prozesskosten für die Beschaffung von C-Teilen mit rund 80% um ein Vielfaches höher, als der tatsächliche Warenwert (ca. 20%) des zu beschaffenden Artikels.
Eine zum Unternehmen passende E-Procurement-Lösung und die Bündelung der potenziellen Lieferanten reduzieren die Prozesskosten und schaffen somit ein enormes Einsparpotential. Dieser Vorgang wird von Fachleuten auch Tail Spend Management bezeichnet.
Bei der täglichen Arbeit agiert das Beschaffungsmanagement immer in einem Spannungsfeld zwischen Versorgungssicherheit bzw. Security of supply (1), Preiswettbewerb/Lieferantenauswahl bzw. Supplier selection (2) und Kosteneffizienz bzw. Cost efficiency (3).
Die große Kunst ist es, zwischen den Extremen der einzelnen Eckpunkte die „goldene Mitte“ zu finden.
Das ist nicht immer leicht. Denn je nach Situation kann sich die Basis, auf der die momentanen Entscheidungen getroffen werden, immer in die Richtung zu einer der drei Ecken verschieben.
1. Versorgungssicherheit
Das Beschaffungsmanagement muss absolut sicherstellen, dass die benötigten Waren auch wirklich immer dann vorhanden sind, wenn sie im Betrieb benötigt werden. Vertrauensvolle Zulieferer, die ihre Lieferfristen zuverlässig einhalten, sind aber in den meisten Fällen nicht die günstigsten Anbieter. Zusätzliche „Backup“-Lieferanten, die eventuelle Lieferengpässe des Hauptlieferanten kompensieren können, erhöhen den Aufwand beim Lieferantenmanagement.
2. Preiswettbewerb/Lieferantenauswahl
Natürlich ist es von Vorteil, wenn mehrere Lieferanten im direkten Preiswettbewerb zueinander stehen. So können einkaufende Personen immer vom besten Preis profitieren. Aber das ständige Wechseln des Lieferanten gefährdet die Versorgungssicherheit und es müssen viele Lieferanten betreut werden. Eine Lieferantenkonsolidierung vereinfacht zwar das Lieferantenmanagement, verhindert aber den Preiswettbewerb.
3. Kosteneffizienz
Der billigste Lieferant ist für die Kosteneffizienz definitiv von Vorteil. Aber er ist nicht zwangsläufig auch der beste Lieferant. Denn mit dem Preis ist auch oftmals die Qualität der gelieferten Produkte eng verknüpft. Deshalb muss immer das angebotene Preis-Leistungs-Verhältnis genau betrachtet werden. Im Zweifelsfall ist es ratsam lieber etwas mehr Geld zu investieren und dafür Qualitätsprodukte zu erhalten.
Ein unorganisierter oder schlecht funktionierender betrieblicher Einkauf kann für ein Unternehmen sehr schnell zur Kostenfalle werden. Das Risiko, die Wirtschaftlichkeit und die Funktionalität eines kompletten Betriebes zu gefährden, ist dadurch sehr hoch. Ein gut funktionierendes Management in der Beschaffung hingegen sorgt mit effizienten Programmen dafür, dass alle benötigten Waren und Dienstleistungen im Bedarfsfall vorhanden sind und die Kosten dafür überschaubar bleiben.
Die Digitalisierung der internen Einkaufsorganisation, ein durchdachtes Lieferantenmanagement und die Durchführung der Materialbeschaffung über standardisierte Prozesse sind dabei eine wichtige Hilfe.