Ratgeber
Kein elektrotechnisches oder elektronisches Labor kommt ohne sie aus: Multimeter. Sie sind die Tausendsassas unter den Messinstrumenten, messen unter anderem Spannungen, Ströme, Widerstände, Kapazitäten, Frequenzen und Temperaturen. Und sie stellen die Werte heutzutage auf großen Displays dar, arbeiten somit komplett digital.
Dennoch sind nach wie vor Multimeter gefragt, die sich seit Jahrzehnten nicht verändert haben: analoge Multimeter. Die wenigen zu erfassenden Messgrößen erscheinen auf einem „altmodischen“ Zeigerinstrument mit diversen Skalen.
Lesen Sie hier, warum analoge Multimeter noch immer ihre Daseinsberechtigung haben und worauf bei der Beschaffung zu achten ist.
Typische analoge Multimeter basieren auf einem Drehspulmesswerk: Die mit einem Zeiger versehene Spule dreht sich innerhalb eines Dauermagneten.
Die Bewegung des Zeigers ist unmittelbar und proportional von der Stromstärke abhängig, man spricht in diesem Fall auch von einem passiven Messinstrument.
Mit einem Analog-Multimeter und seinem Drehspulmesswerk lassen sich üblicherweise die Stromstärke in Ampere, die Spannung in Volt und der Widerstand in Ohm messen.
Für die Widerstandsmessung stellt das Multimeter Batteriestrom zur Verfügung. Je nach Modell können bis zu 1500 Volt Gleich- oder Wechselspannung und bis zu 1000 Ampere Gleich- oder Wechselstrom gemessen werden.
Das Maximum für die Widerstandsmessung liegt bei einigen Geräten bei 200 Megaohm.
Einige wenige und in der Regel teurere Geräte können zusätzlich noch Kapazitäts- oder Schallpegelmessungen vornehmen.
Schnelle visuelle Erfassung
Im Automobilbau beherrschen nach wie vor analog aussehende Zeigerinstrumente das Armaturenbrett, auch wenn sie vielfach virtuell auf Displays erscheinen. Grund: Das Gehirn vieler Menschen ist auf Zeiger konditioniert.
Ähnlich sieht es bei Armband- oder Wanduhren aus, Modelle nur mit Ziffern statt Zeigern sind in der Minderheit.
Für analoge Multimeter gilt das Gleiche, die Werte sind analog, also verhältnismäßig und unmittelbar abzulesen.
Erkennung von Tendenzen
Ein digitales Multimeter tastet die zu messende Größe in zeitlichen Einheiten ab und zeigt sie dann an. Ein analoges Multimeter präsentieren den Messwert dagegen kontinuierlich. Bei geringfügigen Änderungen der Werte versucht der Zeiger eines des Multimeters, diese analog zu verfolgen, während das digitale Messgerät bis zur nächsten Abtastung warten muss. Das führt zu Verzögerungen zwischen den einzelnen diskontinuierlichen Messwerten. Außerdem benötigt das digitale Messgerät möglicherweise zusätzlich eine Einschwingzeit, um sich dem Wert anzunähern.
Die Eigenschaft der kontinuierlichen Verfolgung ist zum Beispiel beim Testen von Kondensatoren oder Spulen wichtig. Ein richtig funktionierender Kondensator sollte einen Stromfluss ermöglichen, wenn Spannung angelegt wird, dann sinkt der Strom langsam auf Null ab. Diese "Signatur" ist auf einem analogen Multimeter leicht zu erkennen, auf einem digitalen Multimeter jedoch nicht. Ähnlich verhält es sich beim Testen einer Spule, nur dass hier der Strom mit einem niedrigen Wert beginnt und dann zunimmt.
Messung auch ohne Energieversorgung
Um überhaupt zu funktionieren, erfordern digitale Multimeter eine Stromversorgung über Batterie oder Akku. Analog arbeitende Multimeter dagegen funktionieren auch ohne interne oder externe Versorgung, sie können somit ohne Kosten zu verursachen rund um die Uhr in Betrieb sein. Interessant ist dies vor allem für Laborumgebungen, in denen eine kontinuierliche Überwachung von Strömen oder Spannungen (AC und DC) – vorgesehen ist.
Im Vergleich mit ihren digitalen Prüfgeräte-Pendants misst ein Analog-Messgerät nicht ganz so genau. Einige Typen verfügen zwar über eine Grundgenauigkeit von ± 0,1 Prozent, bei preislich sehr günstigen Ausführungen kann sie aber auch bei bis zu ± 5 Prozent liegen.
Dennoch sind auch analoge Prüfgeräte in kalibrierter Ausführung lieferbar, und zwar wahlweise durch ein DAkkS-akkreditiertes Labor, nach ISO oder nach Werksstandard. Für die Praxis bedeutet das: Sind minimale Abweichungen in der Anzeige vor allem bei Strom- oder Spannungsmessungen tolerierbar, ist ein analoges Multimeter nach wie vor zu empfehlen.
Einschränkungen existieren allerdings bei der Messung von Widerständen. Aufgrund der typischen Messschaltung mit ihrer bei höheren Widerstandswerten stark komprimierten Skala sinkt die Genauigkeit. Preisgünstige Analogmessgeräte verfügen unter Umständen nur über eine einzige Widerstandsskala, was den Bereich der präzisen Messungen stark einschränkt. Typischerweise verfügt ein analoges Messgerät allerdings über einen Abgleich zur Einstellung der Null-Ohm-Kalibrierung, um die variierende Spannung der Messgerätebatterie und den Widerstand der Messleitungen auszugleichen.
Warum besitzen Analog-Multimeter eine schmale spiegelnde Fläche unter den Wertangaben?
Diese Fläche verbessert das Ablesen. Beim Blick auf die Skala sollte der Zeiger mit seinem darunter liegenden Spiegelbild deckungsgleich sein, um die Messgröße exakt ermitteln zu können. Zur Korrektur wird das Gerät einfach seitlich hin und her bewegt.
Gibt es auch Analog-Multimeter in Tischausführung?
Soll dem Multimeter ein mehr oder weniger fester Platz auf dem Labortisch zukommen, sind Tischgeräte ideal. Sie sind größer und schwerer als die ansonsten leichten und kleinen Handgeräte, verfügen teilweise aber über zusätzliche Funktionen wie Messmöglichkeiten für Frequenz, Kapazität oder Temperatur. Einige Ausführungen sind zudem mit einer USB-Schnittstelle ausgestattet, Speicherung und Weiterbearbeitung erfasster Werte beispielsweise am PC sind damit schnell und leicht möglich.
Zu den analogen Multimetern in Tischausführung »
Was bedeutet „True-RMS“ bei der Angabe der Messart?
Der Begriff „RMS“ – vom Englischen „Root Mean Square“, zu Deutsch „quadratisches Mittel“ oder auch „Effektivwert“ – kennzeichnet in der Elektrotechnik eine Korrekturverfahren für die Berechnung und anschließende Darstellung von Wechselspannungen. Während RMS nur sinusförmige Wechselspannungen korrigiert, kann True-RMS jede Wellenform sowohl von Wechsel- als auch von Gleichspannungen (AC und DC) berücksichtigen, die Anzeige ist demnach genauer.