Ratgeber
Abseits von Lötvorgängen, die unter Schutzgasatmosphäre oder im Vakuum stattfinden, benötigen Sie beim Löten neben Lötkolben und Lötzinn ein Flussmittel.
Da die Anwendungsgebiete der Löttechnik sehr vielfältig sind, hat sich eine Vielzahl an Flussmitteln auf dem Markt etabliert.
Was die Lötflussmittel ausmacht und worauf Sie vor dem Kauf achten sollten, erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Sollen Werkstoffe durch das Fügeverfahren Löten miteinander verbunden werden, muss Lötzinn erst erhitzt und dann auf die gewünschte Lötstelle gegeben werden. Da dies im Normalfall umgeben von Atemluft geschieht, besteht das Problem der Oxidschicht.
Um diese Schicht zu verhindern, wird ein Lötflussmittel eingesetzt. Daraus geht hervor, wofür Flussmittel beim Löten benötigt wird: Es handelt sich um einen Hilfsstoff, der als chemische Verbindung dazu in der Lage ist, das Oxidieren zu vermeiden.
Zwei weitere Funktionen: Lötflussmittel verringern zum einen die Gefahr, dass Fremdstoffe beim Lötprozess eingeschlossen werden und zum anderen nimmt die Oberflächenspannung des Lötzinns ab, was es leichter macht, millimetergenaue Kontaktflächen herzustellen.
Es existieren sehr viele Flussmitteltypen, die jeweils eine Ziffercodierung tragen und darüber zugeordnet werden können. Zunächst muss unterschieden werden, ob das Mittel zum Hartlöten (bei hohen Temperaturen) oder zum Weichlöten (bei niedrigen Temperaturen) genutzt wird.
Hartlöten
Die Kennzeichnung nutzt das Schema: Buchstabe – zwei Buchstaben – Zahl. Der erste Buchstabe ist immer ein F für Flussmittel. Es folgt entweder SH für Schwermetall-Hartlöten oder LH für Leichtmetall-Hartlöten.
Die Zahlen am Schluss geben Aufschluss darüber, mit welchen Temperaturen gearbeitet werden kann und welche chemischen Eigenschaften das Flussmittel besitzt.
Beispiel
F-H 21 Paste zum Hartlöten von Stoffen wie Kupfer, Kupferlegierungen und Stahl bei einer Wirktemperatur von 800 bis 1100 Grad Celsius.
Weichlöten
Bis 1994 waren die Codes in der Norm DIN 8511 vermerkt und nutzten das Schema F-SW-xx. Es ist immer noch weit verbreitet und daher schadet es nicht, es zu kennen. F steht für Flussmittel, SW für Schwermetall-Weichlöten und xx für jeweils zwei Zahlen.
Beispiel
F-SW 21 zum Weichlöten von Schwermetallen wie Kupfer bei einer Wirktemperatur von 140 bis 450 Grad Celsius. Das Lötflussmittel enthält Zink- und/oder Ammoniumchlorid in organischer Zubereitung und ist bedingt korrosiv.
Seit 1994 nutzt man vermehrt EN ISO 9454. Die jüngere Norm nutzt nur drei Ziffern. Die Erste steht für die Typen Harz (1), Organisch (2) und Anorganisch (3). Die zweite Ziffer beschreibt die Basis (mit/ohne Kolophonium; wasserlöslich oder nicht; mit Salzen, Säuren oder Basen) und die dritte Zahl einen Aktivator wie Ammoniak oder Phosphorsäure.
Beispiel
1.1.1 ist ein Harz mit Kolophonium und ohne Aktivator.
Forschungsstand
Obwohl es bereits eine Vielzahl an Lötflussmitteln gibt, werden neue erforscht, um den wachsenden Anforderungen der Technik und Elektronik gerecht zu bleiben. Neben halogenfreien Mitteln gibt es inzwischen auch wasserlösliche Flussmittel.
Dosierung
Die erste Regel lautet immer:
Tragen Sie im Zweifel lieber zu viel als zu wenig auf. Verbrennt oder verdampft das Flussmittel bevor der Lötvorgang abgeschlossen ist, kann es seine Funktionen nicht mehr erfüllen und das Löten wird fehlerhaft.
Zu viel Flussmittel ist bei No-Clean-Produkten kein Problem und Clean-Produkte können sogar einfacher entfernt werden, wenn die Rückstände dicker ausfallen.
Lötfett und Lötwasser
Sie werden öfter die Begriffe Lötfett und Lötwasser lesen. Es handelt sich in beiden Fällen um Flussmittel. Lötwasser ist besonders dünnflüssig und meist recht aggressiv.
Da Lötwasser schneller auf einer Oberfläche verläuft, ist es praktisch für große Flächen. Soll in abgegrenzten Bereichen besonders präzise gearbeitet werden, ist Lötfett aufgrund seiner Konsistenz besser geeignet.
Wichtig beim Umgang
Die Chemikalien entwickeln teils giftige Dämpfe und sollten daher nicht eingeatmet werden. Das Tragen einer Schutzmaske sowie Lüften sind sinnvoll.
Warum muss man Flussmittel entfernen?
Rückstände
Oft muss das Lötflussmittel nach dem Lötvorgang wieder entfernt werden. Der Grund: Zwar verbrennt oder verdampft ein Großteil des Flussmittels bei der Arbeit, doch kleine Reste verbleiben auf dem Werkstück.
Je nach gewähltem Mittel können bereits minimale Rückstände zu aggressiv sein. Vor allem empfindliche Komponenten wie Leiterplatten in der Elektronik könnten mit der Zeit angegriffen werden.
Clean und No Clean
Doch es muss nicht jedes Flußmittel entfernt werden. Um den Unterschied auf einen Blick zu erfassen, werden die Mittel in „No Clean“ und „Clean“ eingeteilt.
„No Clean“-Produkte sind beim Weichlöten in der Elektronik weit verbreitet und setzen auf das Harz Kolophonium.
Einfache Lötaufgaben können damit bestens erledigt werden und die Rückstände des Flussmittels sind korrosionsfest. „Clean“-Produkte müssen immer entfernt werden, sind aber unterschiedlich aggressiv.
Um genau zu wissen, welches Produkt Ihnen vorliegt, werden diese mit einheitlichen Kennzeichen versehen. Die Buchstaben L für low, M für moderate und H für high sind dabei die jeweiligen Aktivitätsstufen.
Kürzel | Bedeutung |
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L0 |
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L1 |
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M0 |
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M1 |
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H0 |
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H1 |
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Unser Praxistipp: Lötzinn „mit Seele“
Es gibt Löt-Flussmittel, das direkt in Lötdraht eingebettet ist. Das Lot ist entsprechend gekennzeichnet und Sie müssen das Flussmittel nicht gesondert zuführen. Gerade für Arbeiten rund um Hobby-Elektronik ist es am einfachsten, Lot mit Seele zu wählen, sodass ein passendes Flussmittel integriert ist.
Richtig löten lernen
Meist kommt die Erfahrung mit steigender Praxis - um dabei auch die Basics des Lötens richtig zu lernen, haben wir in unserem Ratgeber "Richtig löten lernen" alle wichtigen Informationen rund um das Thema Löten zusammengefasst. Ob Unterschiede zwischen Hartlöten und Weichlöten oder die wichtigste Ausstattung, all das erfahren Sie dort!
Löten im Unterricht
Löten im Unterricht hat einen hohen Bezug zur Praxis. Die Technik ist Teil des Lehrplans für den Werk- und Technikunterricht an weiterführenden Schulen und Berufsschulen. Ergänzend zu MINT-Fächern bietet sich das Löten für Elektronik-AGs und Projekttage an. Der Fokus liegt ganz klar auf Tipps und Hinweise für den Unterricht, sowie für Lehrer und Schüler.