EX-Schutz » Sicheres Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen
Veröffentlicht: 02.07.2024 | Lesedauer: 10 Minuten
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Grundlagen des Ex-Schutzes
Wenn beim Jahreswechsel oder beim Firmenjubiläum Feuerwerkskörper mit lautem Knall bunt leuchtende Blumen in den Nachthimmel zaubern, erfreut das alle zuschauenden Personen. Wenn jedoch derartige Vorkommnisse bei industriellen Fertigungsprozessen auftreten, können die Folgen oft verheerend sein. Besonders dann, wenn durch das Unglück auch Mitarbeitende in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Leider können viele Branchen nicht darauf verzichten, bei ihren Produktionsabläufen mit brennbaren Substanzen oder Stäuben zu arbeiten. Darum muss im Vorfeld alles unternommen werden, um im Störfall eine Explosion zu verhindern. Gerne erklären wir Ihnen, was beim Explosionsschutz zu beachten ist und wie Sie Ihr Unternehmen und die Menschen darin vor diesen gefährlichen Situationen optimal schützen können.
Unter einer Explosion verstehen Fachleute eine schlagartig ablaufende chemische Reaktion eines brennbaren Stoffes mit Sauerstoff. Die dabei freigesetzte Energie verursacht neben Licht und Hitze auch eine entsprechend starke Druckwelle.
Damit eine Explosion stattfinden kann, müssen neben Sauerstoff (A) ein brennbarer Stoff (B) in Form von Gas, feinsten Tröpfchen oder Staub sowie Sauerstoff aus der Luft und eine Zündquelle (C) vorhanden sein.
Sobald ein brennbarer Stoff mit Luft in Kontakt kommt, sind zwei der drei Faktoren bereits gegeben. Beim richtigen Mischungsverhältnis reicht der kleine Funke an den Kontakten eines Schalters oder Relais als Zündquelle aus, um eine Explosion auszulösen.
Beim Explosionsschutz oder kurz Ex-Schutz wird mit den unterschiedlichsten Maßnahmen versucht, dieses Szenario zu vermeiden.
Um einen Schutz vor Explosionen wirkungsvoll zu gestalten, werden primäre, sekundäre und auch tertiäre Schutzmaßnahmen ergriffen.
Primärer Explosionsschutz
Beim primären Explosionsschutz wird mit geeigneten Mitteln versucht, die Bildung einer zündfähigen Atmosphäre zu verhindern. In erster Linie stehen die Verwendung von Ersatzstoffen, Konzentrationsbegrenzung oder eine Veränderung des Verarbeitungsprozesses im Fokus. Sollte das nicht möglich sein, muss mit geeigneten technischen Maßnahmen, wie beispielsweise Absaugungen oder Sauerstoffentzug, gearbeitet werden.
Sekundärer Explosionsschutz
Wenn sich die Bildung einer explosionsfähigen und somit gefährlichen Atmosphäre nicht verhindern lässt, müssen in diesem Bereich wirksame Zündquellen vermieden werden. Potentielle Zündquellen wären neben den bereits erwähnten elektrischen Anlagen auch offene Flammen und heiße Gase, heiße Oberflächen, statische Spannungsüberschläge oder mechanische Schleif-, Schlag- oder Abtrennvorgänge, elektrische Ausgleichsströme und vieles mehr.
Tertiärer Explosionsschutz
Beim tertiären Explosionsschutz geht es um konstruktive Maßnahmen und bauliche Einrichtungen, die eine Ausbreitung einer bereits erfolgten Explosion begrenzen oder beenden. Dadurch sollen die Auswirkungen auf ein unbedenkliches Maß beschränkt werden.
Die Buchstabenkombination ATEX ist die Abkürzung des französischen Begriffs „Atmosphère Explosibles“, was so viel wie „explosive Atmosphäre“ bedeutet. Ebenso wird die Abkürzung ATEX für die EU-Richtlinie 2014/34/EU verwendet und die Richtlinie auch als ATEX 114 bezeichnet.
Mit Hilfe der ATEX-Richtlinie werden europaweit das Inverkehrbringen und der Betrieb von Geräten und Systemen in explosionsgefährdeten Bereichen geregelt. Sie dient zum Schutz von Menschen, die an Anlagen in diesen Arealen arbeiten oder von Explosionen betroffen sein könnten.
In diesem Zusammenhang geht es nicht nur um elektrische und mechanische Geräte innerhalb des gefährdeten Bereichs. Wenn Kontroll-, Regel- und Steuerungseinrichtungen außerhalb des gefährdeten Bereichs Einfluss auf Geräte innerhalb des Bereiches nehmen, fallen sie ebenfalls unter die ATEX-Richtlinie, die seit 2014 gültig ist.
Unterschied EX und ATEX
EX-Zone steht allgemein für explosive Atmosphäre und eine ATEX-Zone ist ein spezifischer Bereich, der nach den europäischen Richtlinien definiert ist. Somit sind EX-Zonen explosionsgefährdete Areale, die in Europa nach ATEX, international nach IECEx oder in Amerika nach NEC in verschiedene Bereiche eingeteilt werden.
Ein explosionsgefährdeter Bereich wird in zwei unterschiedliche Zonen gegliedert, wobei jede Zone noch drei Unterteilungen aufweist:
Gaszonen
Gaszonen sind Bereiche, in denen brennbare Stoffe in Form von Dampf, Nebel aber auch Gase in der Luft vorhanden sind bzw. sein können.
Zusammen mit dem Luftsauerstoff kann so eine explosionsgefährliche Atmosphäre entstehen.
Dadurch besteht in der engeren und weiteren Umgebung, in der die brennbaren Stoffe gelagert, transportiert, umgefüllt oder auch verarbeitet werden, ein hohes bzw. erhöhtes Explosionsrisiko.
Einteilung der ATEX-Schutzzonen bei Gas
ATEX-Zone | Ursache | Dauer und Häufigkeit | Beispiel |
---|---|---|---|
Zone 0 | Gemisch aus brennbaren Dampf, Nebel oder Gasen und Luft | Stetig, häufig oder andauernd | Tank mit Kraftstoff oder Lösungsmitteln |
Zone 1 | Gemisch aus brennbaren Dampf, Nebel oder Gasen und Luft | Gelegentlich | Leckagen bei Arbeits- oder Befüllöffnungen von Tanks |
Zone 2 | Gemisch aus brennbaren Dampf, Nebel oder Gasen und Luft | Nicht oder nur selten bzw. kurzzeitig | Reingasbereich nach Absaugung |
Staubzonen
Ebenso explosiv wie ein Gas-/Luftgemisch kann auch ein Gemisch aus Staub und Luft sein. Vorausgesetzt der Staub besteht aus brennbarem Material wie Kohle, Mehl Holz, Kakao, Zucker, Stärke oder Kaffee. Aber auch anorganische Stoffe wie Magnesium, Aluminium, Eisen oder Stahl sind durchaus in der Lage, eine Staubexplosion oder eine Brennreaktion hervorzurufen.
Je feiner der Staub, desto größer ist die Oberfläche und umso höher ist die Explosionsgefahr. Wie bei den Gaszonen, gibt es auch unterschiedliche Staubzonen.
Einteilung der ATEX-Schutzzonen bei Stäuben
ATEX-Zone | Ursache | Dauer und Häufigkeit | Beispiel |
---|---|---|---|
Zone 20 | Wolke aus Luft und brennbaren Staub | Stetig, häufig oder andauernd | Innenbereich von staubeinschließenden Systemen |
Zone 21 | Wolke aus Luft und brennbaren Staub | Gelegentlich | Leckagen bei Arbeits- oder Befüllöffnungen von staubeinschließenden Systemen |
Zone 22 | Wolke aus Luft und brennbaren Staub | Nicht oder nur selten bzw. kurzzeitig | Aspirationsöffnungen oder Lagerbereiche von Säcken |
Unser Praxistipp: Begrifflichkeiten ATEX-Zonen
Leider sind Begriffe wie „häufig“, „gelegentlich“ oder „selten“ nicht genau definiert. Auch wenn in den Normen keine konkreten Zahlen genannt werden, haben sich Fachleute darauf geeinigt, dass von „häufig“ zu sprechen ist, wenn es im Normalbetrieb mehr als 50% der Betriebszeit betrifft. Bei einem prozentualen Anteil von 1% bis 10% der Betriebszeit ist von „gelegentlich“ die Rede und alles unter 1% wird als „selten“ eingestuft.
Zum Schutz vor Explosionen können situationsbedingt die unterschiedlichsten Maßnahmen ergriffen werden. Aber unabhängig davon lassen sich alle Maßnahmen in drei Schritte zusammenfassen:
Schritt 1: Explosionsfähige Atmosphäre
Der wohl wirkungsvollste Schutz vor einer Explosion ist die Vermeidung einer explosionsfähigen Atmosphäre. Das Verhältnis zwischen Luft-Sauerstoff und Brennstoff muss so ausgelegt sein, dass sich das Gemisch auch dann nicht entzündet, wenn eine mögliche Zündquelle vorhanden ist. Fachleute sprechen dann vom LEL (Lower Explosive Limit). Dies kann beispielsweise durch Absaugungen oder Lüftungssysteme erreicht werden.
Schritt 2: Zündquellen
Wenn sich die Bildung eines explosiven Luft-/Brennstoff-Gemisches nicht zuverlässig vermeiden lässt, müssen potentielle Zündquellen vermieden werden. Demzufolge dürfen in diesem Bereich nur ex-geschützte Geräte und Anlagenteile benutzt bzw. verbaut werden.
Schritt 3: Eingrenzung
Sollte es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen doch zu einer Explosion kommen, wird sich die Druckwelle immer den Weg des geringsten Widerstandes suchen. Darum wäre es eine praktikable Lösung, mit sogenannten Einhausungen oder Raumsystemen zu arbeiten, bei denen oben am Dach eine Druckentlastungsklappe angebracht ist. Im Fall einer Explosion könnte die Druckwelle die Klappe aufstoßen und dadurch schadlos nach oben entweichen.
Wenn mit der Entstehung einer explosionsfähigen Atmosphäre zu rechnen ist, muss dafür gesorgt werden, dass Geräte und Betriebsmittel innerhalb dieses Bereiches keine Zündquelle darstellen.
Je nachdem, in welcher Zone des EX-Bereiches eine Installation erforderlich ist, müssen die explosionsgeschützten Geräte einen bestimmten Schutz aufweisen.
Dazu sind Geräte als auch Anlagenkomponenten in sogenannte Gerätekategorien und Gerätegruppen eingeteilt.
Kategorien bei Ex-geschützten Geräten
Gerätekategorie | Maß an Sicherheit | Geeignet für Zone |
---|---|---|
1 | Sehr hoch | 0, 1, 2 bzw. 20, 21, 22 |
2 | Hoch | 1, 2 bzw. 21, 22 |
3 | Normal | 2 bzw. 22 |
Je nach Einsatzbereich werden die Geräte noch in zwei Gruppen unterteilt:
Gerätegruppe I: Für den Einsatz und die Verwendung in Bergwerken unter und über Tage.
Gerätegruppe II: In allen anderen explosionsgefährdeten Bereichen, die nicht zum Bergbau zählen
Entsprechend der Sicherheitsanforderungen gibt es innerhalb der Gerätegruppen noch weitere Unterteilungen: Geräte der Gruppe I sind unterteilt in M1 und M2 und die Geräte der Gruppe II sind in die Gerätekategorien 1, 2 und 3 unterteilt.
Des Weiteren wird bei der Kennzeichnung nach ATEX-Anforderungen noch zwischen Gas, Dampf oder Nebel (G) und Staub (D) unterschieden.
Weitere Angaben wie Zündschutzart, Explosionsschutzart, Temperaturklasse, Geräteschutzniveau, Explosionsschutzgruppe, maximale Oberflächentemperatur oder auch IP-Schutzart können ein Gerät bei der EX-Kennzeichnung genauer klassifizieren.
Ist die Zoneneinteilung beim Explosionsschutz Pflicht?
Nein, laut den Regelungen zum Explosionsschutz in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) ist eine Zoneneinteilung nicht mehr obligatorisch, sondern lediglich optional.
Welches Gesetz regelt den Explosionsschutz?
Mit der am 1.6.2015 in Kraft getretene Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV 2015) wurde die europäische Arbeitsschutzrichtlinie zu Explosionsschutz 1999/92/EG, die auch unter der Bezeichnung ATEX 137 bekannt ist, in die Gefahrstoffverordnung verschoben. Die Anforderungen der Verordnung werden durch die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) konkretisiert.
Welche Richtlinien müssen beim Ex-Schutz berücksichtigt werden?
Hersteller müssen sich an die ATEX-Produktrichtlinie 2014/34/EU halten. Die Produktrichtlinie gibt genau vor, wie ein Produkt entwickelt und konstruiert sein muss, damit es in einem explosionsgefährdeten Bereich eingesetzt werden kann. Bei der Prüfung wird auch eine Zündquellenanalyse durchgeführt, um festzustellen, ob das Produkt eine potentielle Zündquelle beinhaltet. Auf der Betreiberseite ist die ATEX-Betriebsrichtlinie 1999/92/EG entscheidend. Der Betreiber muss eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, ein Explosionsschutzdokument erstellen und ein Schutzkonzept entwickeln.
Wann ist ein Explosionsschutzdokument notwendig?
Entsprechend der Gefahrstoffverordnung ist die Erstellung eines Explosionsschutzdokuments immer dann erforderlich, wenn explosionsfähige Gemische entstehen können oder ohne die Anwendung von Schutzmaßnahmen bereits vorhanden sind.
Hinweis:
Die zu diesem Produkt dargestellten Informationen dienen ausschließlich Ihrer Unterrichtung. Sie stellen keine Beratung und keine Empfehlung hinsichtlich von z.B. Einsatz- oder Schutzbereichen dar.
Ferner ist in den auf der Website aufgeführten Informationen keine Empfehlung oder Aufforderung zur Nutzung in bestimmten Bereichen oder Situationen.
Sofern nicht ausdrücklich anders angegeben, sind alle Informationen unverbindlich.
Sofern Sie Fragen hinsichtlich der Verwendung oder Bedeutung der hierin bereitgestellten Informationen, Zulassungen oder Schutzklassen haben, wenden Sie sich bitte an den Hersteller oder einen sonstigen unabhängigen, autorisierten Berater.